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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 18 (2. Juniheft 1920)
DOI Artikel:
Giannoni, Karl: Die Wiener Not
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Schmidt-Wodder, Johannes: Deutschland und Schleswig, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0285

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Deutschen Reiche, w-ie man uns helfen könne, was der Einzelne — wenn
schon nicht für die Gesamtheit — so doch für den Einzelnen tun könne. Selbst
das ist schwer, solch brüderlicher Gesinnung gangbare Wege für die Guttat
anzugeben.

Einzelne Lebensmittelsendungen von Privaten an Private sind meist
entweder verboten oder kommen nicht an. Ihre Absicht kann aber ver--
wirklicht werden durch Sammlung solcher Liebesgabensendungen in einzelnen
Orten. Vor kurzem hat der Hilfsbund der Münchener Bewohnerschaft
„Hilfe sür Wien" einen solchen Sammeltransport mit einem Begleiter
nach Wien geschickt, der viele sogenannte Stiftungskistchen von Linzelnen
für Einzelne enthielt. Der Ausschuß „Fernhilfe Rotkreuz" hat sie hier
zur Verteilung gebracht. Solches Zusammenwirken von Sammelstellen am
Orte der Geber wie der Empfänger halte ich für den besten, wenn nicht
einzigen Weg zur Verwirklichung der leiblichen Einzelhilfe.

Leichter ist es, uns in unserer geistigen Not beizustehen. Schickt uns
Bücher, Bilder oder auch kleine Geldspenden — der Währungsunterschied
macht sie bei uns zu stattlichen Gaben. Aber fragt darüber, was und
wo es nottut, bei Leuten an, die Kenntnis von Zuständen, Einrichtungen
und Perfonen haben, damit mit möglichst geringen Opfern möglichst viel
geleistet werde.

Aber auch der Freund im Deutschen Reiche, der keinerlei Wertgabe
für Leibes- oder Geistesnot zu bieten hat, kann uns etwas geben, was wir
brauchen und ihm danken. Das ist die Teilnahme an unseren kul-
turellen, wirtschaftlichen und staatlichen Zuständen, der Gedankenaustausch
darüber und über die eigenen Wahrnehmungen und Bestrebungen in seinem
Vaterlande. Wir Osterreicher — und das heißt jetzt wieder wie vor Iahr-
hunderten: die Deutschen der Ostmark, die noch vom Reiche abgetrennt
ist — wir denken und leben, und vielleicht mehr als ihr im Reiche, den
deutschen Volksgedanken. Wir haben für ihn gelitten, als das seinen guten
Sinn und Nutzen für das Deutsche Reich von i87s hattc, und leiden an
ihm jetzt, da es keinen Sinn mehr hat, umso tiefer. Daß unsere und eure
Sache dieselbe ist, wenn ihr das fühlt und uns sagt, auch das ist schon
eine Hilfe, und vielleicht ist es die, für die wir euch am dankbarsten sind.

Wien-Mödling KarlGiannoni

Deutschland und Schleewig

(Schluß)

^v^as alles hat uns vor der Seele gestanden, als wir von Nordschleswig
^.D^aus unsere Entwürfe für die Gestaltung der Verhältnisse der nationalen
Minderheiten machten. Wir gingen bei unseren Darlegungen, wie
wir sie der Reichsregierung unterbreiteten, aus vom Selbstbestimmungsrecht
der Völker und setzten den Einzelvorschlägen voran einige grundlegende
Sätze, deren wichtigste so lauten: „Das Selbstbestimmnngsrecht der Völker,
wenn es zur vollen Auswirkung kommen soll, erstrebt nicht nur Schutz
der nationalen Minderheiten, sondern freie Lebensentfaltung dieser Minder-
heiten. Schutz liegt in fremder tzand, Lebensentfaltung ist Außerung des
eigenen Selbst, und das Recht eigener Lebensäußerung ist es gerade, das
durch das Selbstbestimmungsrecht der Völker garantiert werden soll.

Es ist deswegen aufs dringendste zu wünschen, daß das,Recht auf
kulturelles Eigenleben der nationalen Minderheiten als wichtiger, wie
 
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