Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 19 (Juliheft 1920)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Deutsche Gemeinschaft
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: War es früher besser?
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0320

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
kann, vor allem also kein Lurus, wir wissen vielmehr, daß der Luxus aus
wirtschaftlichen Gründen heut ans Verbrechen grenzt, zumal wo er An-
käufe im Ausland voraussetzt, die bei unserm Valutastande jetzt bedeuten:
das Entbehrliche nimmt den Volksgenossen Ilnentbehrliches auf Amwegen
weg. Wir sind nicht verächtlich genug, um trotz solcher Einsicht Luxus zu
treiben. Schon deshalb erkennen wir einen gefährlichen sozialen Feind
in dem neuen Reichtum. Wir wollen uns gegenüber dieser Menschen-
schicht abschließen, der Glück oder Gaunergeist die Möglichkeit gegeben
hat, der Form nach auf ihre eigenen Kosten, der Sache nach auf Kosten
Aller zu verschwenden. Wir wollen versuchen, dem gegenüber etwas wie
einen neuen Adel zu schafsen. Das bedeutet Verpflichtungen.
Den Anspruch aus Vorbildlichkeit, auf Führerschaft für die Begabten
können wir allein in einem neuen Adel sehn, der seiner Verantwortung
bewußt das Gemeine zurückdrängt, das Geistige und Sittliche dagegen
erzieht und stärkt.

Ein schlicht-schönes Abzeichen sollte die Mitglieder der „Deutschen Ge-
meinschaft" untereinander und für die andern kenntlich machen. Auch
Mahnung sein, der Pflichten eingedenk zu bleiben, deren Verletzung einen
Ausschluß aus dieser Ritterschaft zur Folge haben könnte. Wer das Ab-
zeichen trägt, der erklärt sich zur Ablehnung gegen jeden volkschädigenden
Luxus und jedes andere volkschädliche Treiben verpflichtet. Eine bindende
Erklärung darüber sollte vorgesehen werden; wer sie unterzeichnet, gibt da-
mit sein Ehrenwort; die Sache ist groß genug, um das zu rechtfertigen
und zu fordern. Das Abzeichen sollte ihn kenntlich machen als einen
Menschen, der sich seines höheren geistigen Standes bewußt ist, als Einen,
an den man aus dem Pöbeltum des Gewinnertums nur heran kann durch
Selbsterziehung.

Glaubt man nicht, daß solch eine Ritterschaft des Geistes mithelfen
könnte, die sozialen Gefahren des neuen Reichtums zu beschränken? Sie
könnte noch weiter wirken. Aus ihr könnte der große Kulturbund erwachsen,
der alle sammelt, die willens und die befähigt sind, überall in der Welt
an Stelle der verschleierten Interessen sachliche und sittliche Forderungen
entscheiden zu lassen. A

War es früher beffer?

war es früher besser! Wir alle wissen es ja noch. Die In-
/ dustrie verdiente. Ein reicher Aberfluß machte eine weitgehende
^ ^Anterstützung der Künste und Wissenschaften möglich. Deutschlands
Macht stand auf ihrem Gipfel, Deutschlands Wort war geachtet oder doch
gefürchtet auf dem ganzen Weltrund, Deutschlands Beamtenschaft war die
verläßlichste von allen, seine Kaufmannschaft die geschickteste.

Von alledem oder doch dem meisten jetzt das genaue Gegenteil! Fast
ein Rekordlaufen darum, wer unsenu Volke den Stachel der Beleidignng
tiefer und tödlicher ins lebende Fleisch zu drücken, wer sich seine Feindschaft
dauernder und unwiderruflicher zuzuziehen, eine etwa vorhandene frühere
Zuneigung gründlicher in Haß zu wandeln verstehe. Also zu zweifeln gibt
es da nichts; die Agitation für die Parteien des Zustands vorm Zusammen-
bruch ist, falls nicht ehrlich, so doch leicht und schmerzlos; der Ausfall der
Wahlen hat in den Einzelländern zum Teil bewährt und wird im Reiche
bewähren, daß sie auch nicht erfolglos sein wird.

276
 
Annotationen