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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 14 (2. Aprilheft 1920)
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0124

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Unsre Bilder

^ ^ nser erstes Blatt macht die Leser mit Paul Fauch bekannt, der voriges
/ 8 Fahr als cin Fünfzigjähriger mit einer Ausstellung von Bleistiftzeich-
^^nungen seinen ersten großen Erfolg erlebte. Mit diesen Bleistiftzeich-
nungen hat es aber eine ganz besondere Bewandtnis — lesen wir nach, was
Heinrich Rebensburg in der schwäbischen Monatsschrift „Achalm" damals schrieb:

„Das Wesentliche an Fauchs Arbeiten ist, daß er den Bleistift, der in der
Kunst sonst nur zu Handlangerdiensten gewürdigt wird, als Ausdrncksmittel
für ausgeführte Werke, für künstlerische »Fertigware« benutzt. Dem allgemeineu
Vorurteil, das den Graphitstift lediglich auf Skizzeu und Studien beschränkt
sehcn möchte, begegnet Iauch durch wahrhafte Großtaten jn dieser Technik:
seine »Bleistiftgemälde« retten den gering geschätzten Stift vor jeder nachsichtigen
Bedingtheit der Ancrkennung. Wir leben in einer Zeit der Hast, und auch in
der Knnst hat man wenig Zeit. Wir sind daran gewöhnt worden, im flott--
gcführten Pinselhieb, im hinflitzenden Strich den Meister zu suchen und zu
erkennen. Angeduld und Abneigung gegen umständliche Kunstverfahren führten
nnsere junge Künstlergcneration znr Bevorzugilng graphischer Techniken, die
das Augenblickserleben des künstlerischen Temperamcnts festzuhalten und un-
mittelbar widerzuspiegeln imstande sind. So steht auch die Graphik heute im
Zeicheu der Unrast. Da kommt nun Einer, der sich Ieit nimmt und die Welt
sausen läßt, wie sie mag. Er ist ein Geduldkünstlcr und stellt sich nur auf
geduldige Objekte ein, die ebensoviel Zeit haben wie er. And derselbe Stift,
der sonst dem Geschwind-Eindruck zum Geschwind-Ausdruck dienen muß, wird
hier zum uncndlich nuancenreichen Schilderer einer idhllischen Welt des Fric-
dens nnd der Stille. . . . Der Reichtum, den Iauch zu spenden hat, besticht
zunächst durch seine sinnlichen Reize, durch stoffliche Vielheit, durch liebsvolles
Eingehen auf liebenswürdige Dinge, durch altmodische Traulichkeit im Hegen
und Pflegen aller geschilderten Umwelt. Doch dieser ,erste Gemütseindruck
tritt bald zurück und macht intellektuellem Staunen Platz, wenn man die rasfi-
nierte Klugheit wahrnimmt, die seiner Technik inncwohnt. Von älteren Blät-
tcrn äusgehend, dercn Formen und Flächen mit umständlichem Aufwand dicht
zugestrichelt sind, bemerkt man, wie scine Griffelsprache sich mehr und mehr
auflichtet, wie er für jede Körpererscheinung, jede Himmelstönung, jeden Licht-
schimmer cincn besondcren, jeder Naturerscheinung gerecht werdenden Vleistift-
strich findet, odcr besscr: ersinnt. Ie länger je mchr verbreitern sich dicse
Striche. Da ist kcin spitzes Gestrichel, sondern breit und leise vibrierend fügen
sich die Strichlagen aneinander, lösen sich hier iu flutendcm Licht zu Punktreihen
auf, verknäulen sich dort wnndersam, um ein altes Tapetenmuster zu schildern,
lassen da wiedcrnm eine Horde ausgcsparter weißer Flecke zwischen sich, die sich
uns auf einen Schritt Abstand als schaumige Blütenwiese enthüllen. . . . Seine
scheinbar so naiven Bildpoesien sind in Wirklichkeit Arbeiten eines mit über-
legcner Bewußtheit schaffenden Künstlers, dessen wesentliche Qualität im Aus-
fcilcn ciner höchst cigenartigen impressionistischen Technik liegt." "llnsere Leser
werden sich des Iauchschen „Vlütenbaums" aber auch als einer ganz wundcrsam
fein gefühlten Landschaft erfreuen.

Dann sind unserm Hcfte „Pflanzen im Schattenbild" von Minna Saal-
wächter angefügt — in beschcidenem Druck ein paar Probcn nach dcr Kunst-
wart-Mappe, die in der Rundschau dieses Heftes besprochcn ist.

Das Bildchen über der ersten Seite stammt aus dem „Spielmann" nnd hat
Hans von Volkmann zum Verfasser.

herausgeber: O,-. K. c. Fcrd. Avenarius in Dresden-Blascwitzi verantwortlichi der Herausgcber
Derlag von Gcorg D. W. Lallwey, Druck von Kastner « Lallwetz, Buchdruckcrei in München — gn
Üsterreich-Ungarn für hcrausgabe n. Schriftleitung verantwortl.! Or. Richard Vatka in Wien II.Laborstr.LV
 
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