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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 20 (Augustheft 1920)
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Schumann, Wolfgang: Entgiftung, 2: Die Presse, [1]
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Konservativismus und Sozialismus: zwei konservative Stimmen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0408

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Dielleicht sogar eine „monarchische", die irn Zeitalter der sozialdemokra-
tischen Mehrheit mit ihrem Gelde durch vielleicht fürstlich bezahlte Kreatnren
ebensoviel politische Macht in Deutschland ausübt wie etwa die Entente,
und zwar ebenso gegen den Willen des deutschen Volkes wie sie. Sie wird
das vielleicht selbst dann tun, wenn sie dabei nicht auf ihre Kosten kommt.
Denn für solchen Einfluß kann man von seinem übrigen Iahresein-
kommen gut und gern ein paar Millionen zulegen, etwa unterstützt von
einem Dutzend Gesinnunggenossen — es wird sich lohnen, denn „ihre"
Ieitungen werden sie wirtschaftpolitisch im Großen entschädigen helfen. Uns
scheint es beinahe Nebensache, welche Gesinnung in einem solchen Diktator
lebt, ob anständige oder unanständige, und welcher Richtung er dient —
da die Tatsache der Gesinnungsdiktatur als solche schon den Niedergang
ins Sklaventum des Denkens bedeutet.

(?xas ist im schlafenden Deutschland von B20 die Lage auf dem Gebiet
^des Zeitungwesens. Wird das Zeitungwesen öffentlich erörtert, so geht
es freilich meist um Fragen, die kein Zehntel so wichtig sind wie die hier
besprochenen. Die einen kämpfen für die angeblich bedrohte „Freiheit"
der Presse, also gegen eine „Zensur", die niemand für nötig halten würde,
wenn unsre Presse nicht der Willkür des „freien" Nnternehmertums aus-
geliefert wäre. Die andern kämpfen gegen den Einfluß, welchen die In°
serenten durch eine Art indirekte Bestechung auf die Haltung der Presse
ausüben. Das ist nun freilich richtig: die mittlere und kleine Presse wird
sehr vielfach durch die Inserate, ohne die sie nicht leben kann, „hinten-
herum« gekauft, und hier ist gewiß eine sehr üble Giftquelle; doch ist
die Sache schwerlich auch aus diesem Punkte zu „kurieren". Wieder andre
wollen den Iournalistenstand geistig „heben". Dies ist gewiß notwendig,
und auch wir haben diesen Punkt als wichtig hervorgehoben; die geistige
Höhe unserer Presse entspricht nicht den geistigen Fähigkeiten Deutschlands,
die Presse versündigt sich durch leeres Geschwätz, Sensationmache, Ver-
oberflächlichung und Urteillosigkeit täglich schwer an Geist und Charakter
des Volkes. Aber dieses Problem ist so lange aller Wahrscheinlichkeit
nach unlösbar, als die gesamte Struktur des Zeitungswesens unverändert
bleibt. Am meisten jedoch und am lautesten hört man die Presse heute
um Hilfe rufen. Sie ist nicht überall mehr rentabel, und man preist sie
Darum dem Staat als ganz dringend unterstützungbedürftig und -würdig an.

Sprechen wir im nächsten Heft von den Möglichkeiten der Besserung.

Wolfgang Schumann

Konservativismus und Sozialismus

Zwei konservative Stimmen
i-

pengler hat aus dem Inhalt des noch nicht erschienenen zweiten
i<^^Bandes vom „Nntergang des Abendlandes" einige Gedankengänge
^»^vorausgenommen, die Forderungen des Tages betreffen, und sie in
einem schmalen Hefte veröffentlicht. Ich suche zunächst kurz über den
Kern dieser Gedankengänge zu berichten:

„Wir Deutschen sind Sozialisten, auch wenn niemals davon geredet
worden wäre." Niit andern Worten: wir sind Sozialisten aus Instinkt
und geschichtlichem Werden, nicht aus einem Einfall oder einer ver-
ständigen Lrwägung. Eben darum aber auch mit der Wahrscheinlichkeit,
En dieser unsrer Eigenheit und Aufgabe unbesieglich zu sein.

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