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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 21 (Septemberheft 1920)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Reichsadler, Reichskunst usw. oder: Woher kommen die Mißerfolge?
DOI Artikel:
Schwab, F.: Kulturpolitik eines Architekten: ein neues Bekenntnisbuch Fritz Schumachers
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0474

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Mertens: da die Ansichten über graphisch recht geteilt sind,
so braucht ihr in diesem Punkte nicht gar so ängstlich zu sein. Äber--
haupt nicht mit dem Technischen. Wir können für unsre Briefmarken
ruhig auch den Stahlschnitt, ruhig auch den Blinddruck beuutzen. Dio
stilistischen Vorbedingungen sind da nicht die wichtigsten.

Fünftens: Scheuen wir uns doch nicht vor Mannigfaltigkeit!
Ein Kunstblättchen, das als amtlich zum Gebrauch zugelassene Marke in
die Welt geht, hat schon wegen der eifrigen Selbstbesteuerung durch die
Briefmarkennarren so hohe Auflagen, daß der Staat allermindestens auf
die Kosten kommt. Bereite man doch endlich eine Serie mit Bild-
nissen großer Deutscher vor — sie ist auch politisch erwünscht. Eine
Folge deutscher Bauten ebenfalls, dann eine nüchterne, aber schöne
Folge schöner deutscher Landschaftsbilder sollte auch kommen, eine
mit Ziffern und zum Gleichgewicht eine meinethalben „romantisch" zu
uennende mit Gestalten aus deutscher Dichtung einschließlich der
Sagen und Märchen. Es wären noch andre, recht hübsche Zyklen denkbar.
Was nun das bestgelungene Volkstümliche ist, das verwende man
für die gangbarsten Werte. Mas aber von all diesen Marken sich
besonders bewährt hat, das lasse man nicht etwa verschwinden, dem gebe
man, wie die Schweizer der Weltischen Tellbubenmarke, Dauerleben.
So beispielsweise dem sehr gut gelungenen bayrischen Sämann.

Aufgaben genug und übergenug, und wie schöne!

Gute Reichsgraphik „ist keine Kleinigkeit", aber sie ist ebenso sicher auch
„keine Hexerei". Wir haben in Fülle dafür die Talente. Wir haben
in neuen Entwürfen auch schon eine Menge von guten Keimen. Ilnd
werden „die Kunst" haben, sobald wir die Künstlichkeit los sind. A

Kulturpolitik eines Architekten

Ein neues Bekenntnisbuch Frih Schumachers

ein Buch „Kulturpolitik"
^t erschienene von Schumacher,

benannt, wie das bei Diederichs eben
mag man zunächst bei dem Untertitel
lstutzen: „Neue Streifzüge eines Architekten". Liest man aber
diese Schrift, so findet man die weitgreifende Aufschrift berechtigt. Es ist
in der Tat möglich, eine Neugestaltung unserer Kultur sich auf der GrunL--
lage einer völlig neuen Baukunst vorzustellen, einer Baukunst, die den
inneren Bedingungen unseres Gemeinschaftlebens in jeder Weise gerecht
zu werden sucht, ja — darüber hinaus — diese Bedingungen überhaupt
erst richtig offenbart. Das Wohnen, das Schaffen, das Lernen, das seelische
Genießen, der Verkehr, die Nachbarschaft mit Natur und Menschen und die
Einsamkeit können durch die Kunst des Architekten als Probleme des
sozialen und individuellen Lebens ihre räumliche, technische und künstlerische
Lösung erhalten. Daß Schumachers Buch dem allem Beachtung schenkt,
zeige eine kurze Führung durch seine Gedankenwelt, bei der wir, wo
irgend möglich, den Verfasser selbst sprechen lassen wollen.

<7>ie Einleitung gibt diesen Grundriß, dem die Kapitelüberschriften in
"^Klammern beigefügt sind: „Das Verständnis für die Bestrebungen einer
vertieften Kultur kann nnr durch eine neue Schulerziehung gelegt wer--
den. (»Zur Erziehung des neuen Menschen«)... Das wichtigste Mittel solcher
Kulturpolitik ist die Nmgestaltung unserer verwilderten Wohnungsverhältnisse.
 
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