Lassen wir die Frage beiseite, ob es wirklich schon so ist — ich berichte
den Traum. And der nun fuhr so fort: Gesetzt, es sei, wie geschildert, so
müßte osfenbar der Mensch durch jene zweite Art Arbeit, die es in irgend
beträchtlichem Amfang in unsrer Zeit zum erstenmal in der Welt gibt,
allmählich von innen her umgewandelt werden. Denn viel mehr, als der
Mensch ist, was er itzt, ist der Mensch das, was er tut. Vou innen her
müßte er umgewandelt werden, weil er von innen her entleert, weil sein
Wenschentum an die Oberfläche getrieben ist. Die Entseelung ist wahr-
scheinlich das Erste gewesen, und seelisch entleerte, seelisch bedürfnislos
gewordene Menschen werden diese entseelte Art Arbeit entdeckt haben,
die dann weiter entseelend zurückgewirkt hat.
Iu der Tat, so scheint es gewesen zu sein. Der Gedankentraum wies
zum Gegensatz in den Osten. Es ist ja wohl kein Zufall, daß der Orient,
der nie eine so intensive Lntseelung durchgemacht hat, auch nicht die Zeit
und die Lust fand, über die primitivsten Werkzeuge hinaus Maschinen zu
erfinden. Es ist auch uicht so, daß die Äbervölkerung zur Maschinen-
erfindung geführt hat; denn der Orient ist ja viel stärker bevölkert als das
Abendland. Nein, es scheint umgekehrt zu sein: Die Maschinenarbeit
konnte mehr Menschen sowohl gebrauchen, als ernähren; darum stellte sie
die Lebensbedinguugen für mehr Wenschen bereit, und mehr Menschen
fanden sie. Ginge die Maschinenarbeit allmählich Zurück, so würden ent-
weder weniger Menschen geboren, oder sie würden so bedürfnislos, wie
sie im Osteu sind.
Aber wie kam es, wandte einer im Traum dem Traume ein, daß gerade
hier im Abendland eine so starke, so furchtbare Lntseelung eiureißen konnte?
Es reckte sich die Gestalt des Gekreuzigten auf bis fast in den Himmel.
Sie löste sich vom Kreuz und saß im Throne der Weltkraft. „Während
ich euch am Galgen hing," schien sie zu sagen, „war ich in Wesen nnd
Wirklichkeit König. Denn die Seele allein ist wirklich." Wie kam es,
daß gerade im Bereich dieser christlichen Religion diese Seelenlosigkeit sich
aufmachte? Und gerade nach einer )eit, in der die Seele so alles war,
wie in der franziskanischen, und dann in unsrer Mystik? Es ist fast wie
ein Gegenschlag.
Nnd wenn es nun ein Gegenschlag wäre? Lin Gegenschlag, zu dem
tzie Mystik des Orients unfähig war, weil sie Ermüdungsmystik war, Ver-
senkungs- und Ruhemystik, während die abendländische Seele, indem sie
sich in sich versenkte, stets finden mußte, daß sie sich damit in eine strömende
auftreibende Bewegung hob, von der sie mit aufgerissen wurde, die sie
nicht ruhen ließ, sondern stets neu emportrieb. Nachher durfte sie zu
neuer Stählung wiederkehren.
Nnd wenn es so wäre? triumphierte der Traum. Wenn nun diese ge-
waltsame Hinaustreibung der Menschen in die kreisende Oberfläche der
Dinge nicht ein Ende wäre, nicht der Anfang des Endes unsrer Kultur,
sondern eine Mittelentwicklung zu demselben einen Zweck, zu dem auch
die altc Linie hinauflief? Nicht um die Seele absterben zu lassen, brach
die Maschinenkultur aus. Sie brach aus, einmal, um einige Kräfte des
Menschen bis in letzte Fähigkeiten zu schärfen, die darum dennoch und
erst recht am Schluß der Rechnung ihr, der Seele, dienstbar bleiben. Nnd
dann anderseits trieb die Seele diese Maschinenkultur hervor, um sich
selbst zu härten und um zu prüfen, ob sie schon stark genug sei, um ein
Ausschwärmen an die Oberfläche zu ertragen, ohne weggeblasen zu werden.
den Traum. And der nun fuhr so fort: Gesetzt, es sei, wie geschildert, so
müßte osfenbar der Mensch durch jene zweite Art Arbeit, die es in irgend
beträchtlichem Amfang in unsrer Zeit zum erstenmal in der Welt gibt,
allmählich von innen her umgewandelt werden. Denn viel mehr, als der
Mensch ist, was er itzt, ist der Mensch das, was er tut. Vou innen her
müßte er umgewandelt werden, weil er von innen her entleert, weil sein
Wenschentum an die Oberfläche getrieben ist. Die Entseelung ist wahr-
scheinlich das Erste gewesen, und seelisch entleerte, seelisch bedürfnislos
gewordene Menschen werden diese entseelte Art Arbeit entdeckt haben,
die dann weiter entseelend zurückgewirkt hat.
Iu der Tat, so scheint es gewesen zu sein. Der Gedankentraum wies
zum Gegensatz in den Osten. Es ist ja wohl kein Zufall, daß der Orient,
der nie eine so intensive Lntseelung durchgemacht hat, auch nicht die Zeit
und die Lust fand, über die primitivsten Werkzeuge hinaus Maschinen zu
erfinden. Es ist auch uicht so, daß die Äbervölkerung zur Maschinen-
erfindung geführt hat; denn der Orient ist ja viel stärker bevölkert als das
Abendland. Nein, es scheint umgekehrt zu sein: Die Maschinenarbeit
konnte mehr Menschen sowohl gebrauchen, als ernähren; darum stellte sie
die Lebensbedinguugen für mehr Wenschen bereit, und mehr Menschen
fanden sie. Ginge die Maschinenarbeit allmählich Zurück, so würden ent-
weder weniger Menschen geboren, oder sie würden so bedürfnislos, wie
sie im Osteu sind.
Aber wie kam es, wandte einer im Traum dem Traume ein, daß gerade
hier im Abendland eine so starke, so furchtbare Lntseelung eiureißen konnte?
Es reckte sich die Gestalt des Gekreuzigten auf bis fast in den Himmel.
Sie löste sich vom Kreuz und saß im Throne der Weltkraft. „Während
ich euch am Galgen hing," schien sie zu sagen, „war ich in Wesen nnd
Wirklichkeit König. Denn die Seele allein ist wirklich." Wie kam es,
daß gerade im Bereich dieser christlichen Religion diese Seelenlosigkeit sich
aufmachte? Und gerade nach einer )eit, in der die Seele so alles war,
wie in der franziskanischen, und dann in unsrer Mystik? Es ist fast wie
ein Gegenschlag.
Nnd wenn es nun ein Gegenschlag wäre? Lin Gegenschlag, zu dem
tzie Mystik des Orients unfähig war, weil sie Ermüdungsmystik war, Ver-
senkungs- und Ruhemystik, während die abendländische Seele, indem sie
sich in sich versenkte, stets finden mußte, daß sie sich damit in eine strömende
auftreibende Bewegung hob, von der sie mit aufgerissen wurde, die sie
nicht ruhen ließ, sondern stets neu emportrieb. Nachher durfte sie zu
neuer Stählung wiederkehren.
Nnd wenn es so wäre? triumphierte der Traum. Wenn nun diese ge-
waltsame Hinaustreibung der Menschen in die kreisende Oberfläche der
Dinge nicht ein Ende wäre, nicht der Anfang des Endes unsrer Kultur,
sondern eine Mittelentwicklung zu demselben einen Zweck, zu dem auch
die altc Linie hinauflief? Nicht um die Seele absterben zu lassen, brach
die Maschinenkultur aus. Sie brach aus, einmal, um einige Kräfte des
Menschen bis in letzte Fähigkeiten zu schärfen, die darum dennoch und
erst recht am Schluß der Rechnung ihr, der Seele, dienstbar bleiben. Nnd
dann anderseits trieb die Seele diese Maschinenkultur hervor, um sich
selbst zu härten und um zu prüfen, ob sie schon stark genug sei, um ein
Ausschwärmen an die Oberfläche zu ertragen, ohne weggeblasen zu werden.