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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 17 (1. Juniheft 1920)
DOI Artikel:
Schmidt-Wodder, Johannes: Deutschland und Schleswig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0244

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uns in Wort und Bild zu schmähen und zu verleumden? Das können Wir
vielleicht vergessen von dem herben Gesühl aus, daß wir genug mit uns
selbst zu tun haben und im Kriege verlernten, das Urteil anderer Völker
für etwas anderes anzusehen als feindliche Mache, aber ein Stachel bleibt
doch in uns sitzen und, wenn man daran rührt und will uns die Rolle
des reuigen Sünders zumuten, dann soll man in Dänemark wissen, daß
wohl manche unserer Verantwortlichen und Unverantwortlichen sich zu dieser
Rolle zu bekennen geneigt waren, datz aber wir, das deutsche Volk, durch
keine Folterqualen dazu gezwungen werden können.

Aber Dänemark gegenüber, dem dänischen Volke gegenüber hat Deutschland
doch Schuld, habe ich nicht selbst das schon ein Iahrzehnt vor dem Kriege
vertreten? Es ist uralte menschliche Weisheit, daß, wer zu einer Verstän^
digung mit einem anderen gelangen will, daran gut tut, die Schuldfrage
nicht aufzurollen, und was unter Menschen gilt, gilt noch viel mehr
unter Völkern, denn, wenn Schuld vorliegt, wer hat Schuld, die
Völker oder ihre Vertreter, und wer waren die Vertreter? Die Frage ist
sehr verworren. And wo der eine seine Schuldsorderung präsentiert, hat

der andere meist seine Gegenrechnung bereit. Mir stand das immer klar

vor Augen, und weil ich Verständigung wollte, so habe ich von Schuld

sehr wenig gesprochen, oder wenn ich es tat, nicht vergessen, auch an das

zu erinnern, was Dänemark an uns getan. Ich sprach immer wieder von
gegenseitiger Achtung, die wir wollten und einem gerechten Regiment, das
darauf aufbaute. Mir war es eine Ehrensache, daß Preuszen damit anfing.
Wie sollte ich mich damit zufrieden geben, daß Dänemark jetzt eine Ord--
nung unserer Streitfrage rvtll, ohne uns zu fragen, gestützt auf die Macht
der Entente, und uns zumutet, daß wir uns als Schuldige mit dem Resultat
abfinden sollen. Eine schlechtere Grundlage einer Verständigung kann
man sich gar nicht denken. Wenn man dann hinzunimmt, daß Dänemark
diese 'Zeit, in der der Friedensvertrag ausgeführt werden soll, und die
internationale Besetzung Nordschleswigs schon lange durchgeführt ist, be--
nutzt, um uns allerhand Anschaunngsunterricht darin zu geben, wie man,
noch ehe man Herr hier im Lande ist, trotz aller Versicherungen des Wohl--
wollens, uns wie ganz selbstverständlich als Objekt für Danisierung an-
sieht und behandelt, da es doch kein größeres Glück und keine höhere
Kulturstuse gäbe, als Däne zu sein, dann muß jeder wissen, daß hier eine
schlechte Grundlage sür Verständigung gebaut wird.

Aber ich wollte von dauernden Gewinnen sprechen, die auf deutscher
Seite seien, und sagte schon, es sei gut, daß die Deutschen hier oben sich
gründlich mit der Frage befaßt hätten, wie nationale Minderheiten zu
behandeln seien. — Ich meine wohl umgekehrt, wie wir als nationale
Minderheit behandelt werden wollen? Das auch, aber wahrhaftig das nicht
allein! Wir finden nns mit dem tzohns nicht ab, daß wir überall die
nationalen Minderheiten in uns volksfremden Staaten bilden sollen. Es
war schon vor dem Kriege Lamit Lbel genug, und unsere eigene österreichische
Politik war daran mitschuldig. Das ist jetzt alles vorbei, und wir wollen
nicht auf die Dauer das Volk in Europa bleiben, das am wenigsten
staatlich geeint ist und die meisten Volksglieder an andere Staaten abgibt
wie bisher. Das wird aber wie hier in Nordschleswig so an der Ost-
und Südgrenze bedeuten, daß wir, um die geschlosseneren Teile unseres
Volkes in nnsern Staatsbereich einzubeziehen, ailch entsprechende sremd-
nationale Teile mit aufnehmen müssen. Es wird nicht überall scheinatisch.

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