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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

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Heft 18 (2. Juniheft 1920)
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0314

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Mur-Malerischen stecken blieb. Am schlagendsten beweisen das ja freilich seine
religiösen Bilder. Aber auch eines wie das heute mitgegebene Hundebildnis
ist voller Leilnahme nicht nur am Malerischen der Erscheinung, sondern
>auch am, sagen wir: Hundeseelischen geschaut — der Schubfachfreund kann es
ebenso unbesorgt wie in das Fach „Impressionismus" in das Fach hinein--
stecken, wo „Ausdruckskunst" darauf steht. „Siehst du den Blick?" Es i s t Aus-
druckskunst, es ist „Malerei mit Lierliebe". Und es ist auch Kunst mit dem
besondern Humore, der uns deutsch scheint.

Einer von denen unter den Iungen, die eine Ausdruckskunst ohne Ber-
gewaltigung der Formen suchen und insofern mit den Karlsrnhern verwandt
ist, ist auch Willi Geißler. Wir zeigen in diesem Hest zwei Bilder von
ihm, die dem „Greifen-Kalender" entnommen sind. Insbesondere Freideutsche
seien auf die „Neudeutsche Kunstgebilde" aufmerksam gemacht, deren Gilden-
führer Robert Budzinski und deren Verleger der Greifen-Verlag in Harten-
stein im Erzgebirge ist. Von dorther kann man weiteres über diese gesunde
Bewegung erfahren.

Etwas ungewöhnlich Feines zeigen wir den Lesern hinter dem Text —
wir machen besonders darauf aufmerksam, weil es „nach wenig aussieht",
obgleich es doch „von weither" ist. Leidcr hat das chinesische Blatt etwa
auf den vierten Leil seines Ilmfanges verkleinert werden müssen — daß
dieser Holzschnitt technisch im Original eine Köstlichkeit ist, muß uns der
Betrachter deshalb schon glauben. Von der Schönheit der Komposition und
der Zeichnung hier wollen wir angesichts der Verkleinerung nicht weiter
sprechen. Wunderlich genug, daß der Laie bei uns im allgemeinen nicht ein-
mal chinesische und japanische Kunst unterscheiden kann! Hier finden wir

Kunst ganz ohnc Absicht, Kunst zu geben, in ganz bescheidenem Sach-
dienste, auch mit ganz zurückgehaltener Persönlichkeit — und doch unver-
kennbar. Vor so und so viel Iahrhunderten hat einmal ein chinesischer Kaiser
angeordnet, es solle seinen Antertanen ein Holzschnittwerk geschaffen werden,
das sie in Lehrgedichten und Bildern zugleich für Lee- und Reisbau be-

geistere sowohl, als auch rationell unterrichte. Auf unserm Blatt handelt das Lehr-
gedicht über das „Zweite Iäten" — man findet die Verse mitten im Vild.
Das Bild also hatte zugleich mit der Belehrung auch für Fleiß, gute Sitte
und Heiterkeit zu sorgen. Hinten arbeiten sie beim Iäten, vorn bringt die
Hausfran mit Löchterlein und Buben Speise und Trank aufs Feld. Der

Backfisch entdeckt eben den Papa, der auch aufblickt, das Brüderlein trottet
mit seinem Windfähnchen-Stabe schon etwas müde daher, die Mutter hat

die Trage, die auch ein ganz griechen-antikisches Gefäß bringt. Es sind mehr
kleine Liebenswürdigkeiten und auch Einzelschönheiten in diesem Bilde, als
der erste Blick erkennt. Was im Gegensatz zu japanischer Kunst (die formal
glänzender, geschickter unü geistreicher ist) immer wieder auffällt, fällt wohl
auch hier auf: das innerlich Verwandte unseres deutschen Fühlens gerade
mit dcm chinesischen.

Der licbenswürdige kleine Schattenschnitt der Kopfleiste ist von Helene
Zadnik in Bregenz, der am Schluß des Heftes von Erna Klauwell in
Erfurt.

Hcrausgebcr: Or. b. c Ferd. Avenarius in Dresden-Blasewitz; vernntwortlich: dcr Hcransgebcr —
Derlag von Gcorg D. W. Lallwcy, Druck von Kastner L Lallwcy, Buchdruckcrct in Mnnchcn — In
Ästerreich-Ungarnfür Herausgabeu. Schriftleitung verantwortl.: Ur.RichardBatka in WienII, Taborstr.llll
 
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