Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

DOI issue:
Nr. 9
DOI article:
Bentz, F.: Ueber Restaurierungstätigkeit an Gemälden
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0037

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Inhalt: Ueber Restaurierungstätigkeit an Gemälden. Von F. Bentz-Freiburg i. B. — Ein Notschrei aus

Antwerpen. Von Herrn. Linde. — Eingebrannte Malerei auf Lava. Von Joseph Langer-Breslau.

Ueber Restaurierungstätigkeit an Gemälden.*)
Von F. Bentz-Freiburg i. B.

Auf die Anklagen gegen die Restauratoren,
die vor nicht langer Zeit in der Zeitschrift
„Werkstatt der Kunst" erhoben worden sind,
möchte ich auf Grund meiner fast ein Menschen-
alter umfassenden Tätigkeit als Restaurator einiges
entgegnen. Jene Vorwürfe, denen man, wie
nicht zu ieugnen ist, auch sonst häufig begegnet,
beruhen auf einer ganz falschen Voraussetzung.
Sie verstehen nämlich unter Restauratoren Leute,
die so wenig berechtigt sind, sich so zu nennen,
wie etwa ein alter, Kuren machender Schäfer
auf den Titei Arzt Anspruch hat. Dabei wird
ganz ausser acht gelassen, dass sich die Restau-
riertätigkeit in neuerer Zeit zu einer Art von
Wissenschaft erhoben hat. Leider sind die Er-
fordernisse, die an einen Restaurator gesteht
werden müssen, auch in den Kreisen, die es an-
geht, noch viel zu wenig bekannt, daher sind
einige aufklärende Bemerkungen wohl am Piatze.
Wenn man zu einer richtigen Auffassung der
Restauriertätigkeit kommen wiH, muss man vor
allem über das Prinzip klar sein, das der ganzen
Arbeit zugrunde liegt. Dieses ist einmal die Er-
haltung eines Gemäldes — insofern ist sie eine
rein konservierende Tätigkeit — oder dessen
Wiederherstellung, wenn das Kunstwerk Schaden
gelitten hat. Man hat es dabei mit einem wissen-
schaftlichen Verfahren zu tun, das die grösste
Aehnlichkeit mit der Textbehandlung der Philo-
logie aufweist. Wie diese die Reinigung und
Herstellung des Textes, die Erkennung und Aus-

*) Abgedruckt mit Erlaubnis des Herausgebers,
Hofrat Dr. Koetschau, aus „Museumskunde" (Zeit-
schrift für Verwaltung und Technik öffentlicher und
privater Sammlungen), Bd. IV, Heft 3 (Verlag v. Georg
Reimers, Berlin).

merzung von Interpolationen und die Ergänzung
verderbter oder fehlender Stellen durch Konjek-
turen sich zur Aufgabe macht, so hat die Restau-
ration es mit der Reinigung eines Gemäldes und
seiner Herstellung zu tun, die in der Entfernung
von Uebermalungen, den Interpolationen von Ge-
mälden und der Ausfüllung zerstörter Stellen im
Bilde durch Konjekturen, d. h. in diesem Falle
den Retuschen, besteht.
Um diesen Aufgaben gerecht werden zu
können, müssen in der Person des Restaurators
eine ganze Reihe von Forderungen erfüllt sein,
wissenschaftliche Bildung, manuelle Geschicklich-
keit und künstlerische Fähigkeit. — Was die
wissenschaftliche Bildung anbetrifft, so ist für den
Restaurator eine genaue Kenntnis der Maltech-
niken der verschiedenen Zeiten eine unerlässliche
Voraussetzung, ein Wissen, das er sich durch
Forschung in den überlieferten Quellenschriften,
der Literatur und vor allem durch vergleichendes
Studium an den Bildern selbst zu erwerben hat.
Er muss imstande sein, sich ein klares Bild von
Technik und Malweise des Künstlers zu machen,
dessen Werk ihm anvertraut ist. Zu einer rich-
tigen Analyse des Grundes, der Farbe, der Binde-
mittel und des Firnisses kann er aber nur kommen,
wenn er über die nötigen Kenntnisse in der
Chemie und im Gebrauche des Mikroskopes ver-
fügt, das ihm ausserdem über das Vorhandensein
schädlicher Mikroorganismen im Bilde Aufschluss
geben muss. Nun nutzen aber die besten theo-
retischen Kenntnisse, der Besitz ausgezeichneter
Rezepte nichts, wenn der Restaurator nicht fähig
ist, sie praktisch zu verwerten. Wenn er erkannt
hat, welches Mittel für den vorliegenden Fall das
beste ist, hängt der erhoffte Erfolg ganz von der
 
Annotationen