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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Miessner, Wilhelm: Fritz Klimsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0168

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130 VELLLLLLLlS vr. Wilhelm Mießner: Fritz Klinisch

steht neben der Formengebung eines Meu-
nier, ohne daß wir uns in gleich starkem
Maße für eines oder das andere entscheiden
wie etwa bei Anton von Werner und
Lovis Corinth. Aber je mehr wir erkennen,
daß Meunier seine Grubenarbeiter mit
ebenso gesteigerter Sensibilität gebildet hat
wie Rodin seine steinerne Weltanschauung,
um so klarer wird uns der Anteil, den das
Thema an den technischen Mitteln hat.
Das Wort Technik hat hier seinen äußeren,
nur ästhetisch spielerischen Sinn aufgegeben;
sie ist mit dem Temperament des Künst-
lers und mit dem Stofflichen in gleicher
Weise verwachsen. In etwas wird nun
allerdings unsere Kunst immer das Para-
doxe pflegen, wie den Pointillismus oder
den Kubismus in der Malerei, wie den Im-

pressionismus als Darstellungsmöglichkeit
überhaupt, so daß wir ein Kunstwerk nicht
frei davon wissen möchten, so wenig das
achtzehnte Jahrhundert das Sentiment ent-
behren wollte. Und so ist es zu verstehen,
wenn uns bei Fritz Klimschs Bildwerken
die Linienführung zu allererst auffällt. Es
ist das im Bilde selbst wieder Zusammen-
fließen der Umrisse, ihr Schwung und ihre
Empfindsamkeit, die zu uns als die hohe
Absicht des Künstlers spricht. Dieses sich
selbst Umarmen seiner badenden Frauen, die
überall nach innen gekehrten Handflächen,
der irgendwie zusammengerollte Rhythmus
seiner Leiber, der nur ganz gelegentlich
durch das statuarisch Aufgerichtete durch-
brochen wird, wie bei unserem Sämann,
der Olympia oder dem Reiter. Aber auch

sxl Vildnisbüste von Pros. Max Liebermann. Bronze U


wer hier genauer hinsieht, muß
entdecken, wie noch immer wie-
der der innere Zusammenschluß
der Figur im bewußten Gegen-
satz zu dem offenen, dahinter
stehenden Rund des blauen Him-
mels angestrebt ist. Ja, wie
das Rund der Himmelskugel als
künstlerische Form betrachtet ir-
gendwie sich in diesem Einzel-
kunstwerk wiederholt. Was ich
meine, zeigt vielleicht am deut-
lichsten die Figur der Dortmun-
der Florabank. Man beachte,
wie hier die Geschlossenheit der
Formen und Linien ein ganz
verinnerlichtes Niederknien, ein
Zusammenfließen, ein Sich-
runden der Bewegung in
einer langenden und gebenden
Geste zu dem Füllhorn ist. Und
so sind alle Klimschschen Figu-
ren so sehr mit sich selbst be-
schäftigt, daß sie des Zuschauers
gar nicht achten, ein sich völlig
Hingeben an den mystischen Ge-
halt ihrer Aufgabe. Sie sind
unbelauscht außer vom Künst-
ler, der noch immer allein mit
ihnen zu sein scheint. Ja, das
Ausrichten der Jägerinnen, so
sehr es scheinbar wieder dieses
Prinzip durchbricht, wird durch
körperliches Zagen, durch das
ängstliche Auflauschen, das in
diesem Ausrichten liegt, doch
 
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