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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 2 (Oktober 1913)
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Neues vom Büchertisch
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Sternberg, Leo: Gedenken
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Dan, Hedwig: Nimmer darf es geschehen
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0383

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Zwei Gedichte 313

literarischen Kritik, sondern zum erstenmal
auch vom Publikum eine gute Note bekommt.
Und nun muß ich ein Buch nennen — das
will ich nicht besprechen, sondern vor dem
will ich nur eine Warnungstafel errichten.
Sie ist dringend nötig, um einer Verwirrung
literaturfremder Kreise vorzubeugen. Auf
dem Gebiete der erzählenden Dichtung gibt
es ja manchmal Überraschungen, denen kein
Kritiker gewachsen ist. Aber was sich die
Baronin E. von Handel-Mazzetti in
ihrem eben veröffentlichten Roman geleistet
hat, geht doch über jede Hutschnur. Von
der Macht und Bedeutung, die aus „Jesse
und Maria," die aus der „Armen Marga-
ret" atmeten, wurden einst selbst diejenigen
bezwungen, die dem Geiste der klerikalen
Wienerin heimlich widerstrebten. Doch diese
selbe Dichterin läßt nun einen Roman aus
dem modernen Wien erscheinen, „Brüder-
lein und Schwesterlein" (Kempten 1913,
Jos. Kösel), gegen den jedes Buch der Mar-
litt ein unsterbliches Meisterstück ist. Ich
lehne es ab, mich mit einem so blutig di-
lettantischen, karikaturmäßig ver-
zerrten, grob tendenziösen Werke
herumzuschlagen. Und ich frage mich nur,
ob denn die Dame nicht einen einzigen ehr-
lichen Freund hat, der ihr raten könnte,
solche schauerlichen Opera vor dem Druck
ins Feuer zu stecken. Talent verpflichtet.
Es ist oft weniger schwer, sich einen Namen
Zu machen, als ihn sich zu erhalten.

Wir wollen nicht mit diesem Mißklang
schließen. Wir wollen noch irgend etwas
anderes herausgreifen — vielleicht „Ham-
tiegel," eine Geschichte aus den Kolo-
nien von Helene von Mühlau (Berlin
1913, E. Fleische! L Co.). Hamtiegel ist
Hauptmann und Stationschef von Mengo;
Hamtiegel geht auf Urlaub nach Deutschland
und will heiraten — reich muß sie sein, schön
muß sie sein, schlank muß sie sein, ferner
musikalisch und aus Primafamilie; Ham-
tiegel ist überzeugt, daß er nur Tropen-
uniform anzulegen und den Schnurrbart zu
streichen braucht, um überall zu siegen; Ham-
tiegel erlebt eine Kette von Enttäuschungen,
holt sich ein halbes Dutzend Körbe, obwohl
er seine Ansprüche langsam ermäßigt, und
kehrt nach Mengo ohne Gattin, doch dafür
mit zwei Grammophonen zurück. Das ist
der erste Teil. Im zweiten muß der arme,
allmählich magenkrank werdende Hauptmann,
der innerlich ein braver und herzensguter
Kerl ist, noch allerhand andere Pillen schlucken,
bis er endlich die ersehnte Lebensgefährtin
findet. Zwar ist sie ungefähr das gerade
Gegenteil dessen, was er einst auf stolzen
Rossen erringen wollte, aber sie ist eine gute
Seele, und Hamtiegel ist glücklich. Das ist
eine sehr lebendige und unterhaltende Ge-
schichte mit gut charakterisierter Hauptperson,
afrikanischen Kulissen und allerhand Humo-
ren. Gerade kein Hochflug, doch ein ... ein
... nun, sagen wir, eine nette Passagierfahrt.

tz Gedenken V
V
M Mein Auge träumt ins Abendblau. Ach Augen, Augen, fern so fern
Wie feucht die Sterne scheinen! Und noch so warm ergeben! IZ
U; Wer sagt mir, ob es Freudentau, So weit, wie zwischen Stern und Stern,
Oder ob sie weinen? So weit schied uns das Leben.
Ihr Augen, die aus dunklem Blau Z
So feucht herniederscheinen —
Wer sagt mir, ob es Freudentau
ZI Oder stilles Weinen?
UI I«
V Leo Sternberg Z
»- -«


k Nimmer darf es geschehn — A
D Als wir zuerst uns gesehn, Als wir uns wiedergesehn, D
U: Unsre Herzen wie stille Seen Frühlingsoffen waren die Seen,
I- Unter gefrorner Decke ruhten, Sprühten von tausend Wellenwänden -D
D Wußten nichts von der Sonne Gluten. Tausend Funken mit Sonnenblenden. Z

Wann wir uns Wiedersehn — ?
Nimmer darf es geschehn!
Glutsonne über den Wassern stünde, Z
Weckte vom Grunde die träumende Sünde. IZ
Z
Hedwig Dan
 
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