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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 4 (Dezember 1913)
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Wolf, Georg Jacob: Albert Welti der Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0611

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Familienbild des Künstlers. Entstanden 1900—1904. Gemälde im Kunstmuseum zu Lausanne

Albert Welti der Maler
Von Or. Georg Jacob Wolf in München

Kunst und die Schweiz halten
seit zwei Jahrzehnten gute
Freundschaft. Gottfried Keller
und Jakob Burckhardt mögen
zur Begründung und Festigung dieses
schönen Verhältnisses nicht wenig beige-
tragen haben. Es war aber nicht immer so.
Walter Siegfried, der schweizerische Ro-
mandichter, hat gelegentlich die Gründe
für das Mißverständnis, dem die bilden-
den Künste früherer Zeit in der Schweiz
ausgesetzt waren, einleuchtend dargelegt,
indem er ausführte: „Wo die Nützlichkeits-
frage als Wertmesser für alle menschliche
Tätigkeit obenan steht, kann der Künstler
nicht bestehen. Sein Streben hat mit
Nützlichkeit nichts zu schaffen, und die Art
seines Arbeitens hat mit der geregelten

Tätigkeit der anderenBerufe nichts gemein.
Sie ist unkontrollierbar, macht Pausen
oder verzehrt wieder förmlich den Hervor-
bringenden, sodaß der Künstler unter stetig
Fleißigen sich zeitweilig ausnimmt wie
ein Tagedieb." Vielleicht auch waren die
Gründe des Mißverständnisses gar nicht so
tief, sondern mehr praktischer Natur, inso-
fern sich in der Schweiz keine Gelegenheit
fand, „Kunst zu studieren", da eine Akade-
mie und demzufolge ein natürlicher Brenn-
punkt für die Künstlerschaft der Schweiz
fehlte. Daher ist es gekommen, daß die
großen Maler der Schweiz allesamt in die
Ferne zogen, daß sie sich dort eine zweite
Heimat gründeten, und daß die Schweiz
selbst von dem Schaffen und Wirken ihrer
Söhne nur geringen Nutzen ziehen konnte.
 
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