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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

DOI issue:
Heft 2 (Oktober 1913)
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Hoffensthal, Hans von: Marion Flora [2]: Roman : (Fortsetzung)
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0209

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Heft 2. Oktober 1913

XXVIII. Jahrgang 1913/1914

Marion Flora. Roman von Hans von Hoffensthal

8
ff

z
8

8


Velhagen öcKsaslng^
Monatshefte
Herausgeber-Hanns vonZobelnp
undPaul Oskar Hocker

(Fortsetzung)

ama versteht nichts von den Gü-
tern," begann Gabriele ganz
kurzen und sachlichen Tones die
Unterredung, „und kümmert
sich nicht darum. Ich verstehe auch noch
nicht viel", sagte sie nachlässig, indem sie
sich setzte und auch ihn damit aufforderte,
Platz zu nehmen, „aber ich werde mich wohl
einarbeiten und bin, vorläufig, auf der
Hut."
„Vor eingebildeten Feinden, wie es
scheint," erwiderte Walter und lächelte
dabei.
„Wieso?"
„Nun, es könnte Ihnen nämlich ganz
gleich sein, ob unsere Pächter durch Ihre
Güter fahren oder nicht."
„Nein, Herr von Jsser, das ist uns eben
nicht gleich, ebensowenig wie dies, daß
Sie im Frühjahr bei St. Anton das Wasser
fingen und in Ihre Güter leiteten. Sollte
uns das etwa auch gleich sein?"
„Verzeihung, Baronesse, wir hatten da-
zu das Recht."
„Das wird sich erst zeigen."
„Das ja. Aber muß es denn erst bei
Gericht entschieden werden? Könnten wir
uns nicht vorher einigen?"
Gabriele verzog spöttisch die Mund-
winkel.
„Wer hat denn eigentlich die Angelegen-
heit vor den Richter gezerrt? Doch Sie."
„Wie ich Ihnen schon sagte, in meiner
Abwesenheit Mama. Und dann, Baronesse,
ich hatte bisher noch nicht das Vergnügen,
Sie persönlich zu kennen, — denn nun,
Velhagen L Klasings Monatshefte. XXVIII. Iahrg. 1913/1914.

scheint mir — kann's nicht so schwer sein,
ohne Streit auszukommen."
„Ich bin neugierig. Machen Sie, bitte,
Vorschläge."
„Schön. Also wir verpflichten uns,
Ihnen einen Teil des Kaltererbüchelwassers
zu überlassen, dafür, daß Sie die Durch-
fahrt freigeben."
„Sie gehen nicht gerade weit. Denn
Ihr ganzes Entgegenkommen besteht darin,
uns einen Teil von dem anzubieten, was
uns das Gericht ganz geben wird."
„WennSie siegen," gab Walter zurück.
„Das werde ich auch. — Übrigens, Sie
lachen nur und nehmendie ganze Angelegen-
heit wenigstens mir gegenüber gar nicht
ernst. Ist es deswegen, weil ich kein
Mann, sondern ,mu" eine Frau bin?"
„Vielleicht."
„Wie, Sie denken so gering von uns?"
„Nicht so gering; so hoch."
„Das verstehe ich nicht. Sie geben vor,
von den Frauen hoch zu denken, und halten
sie dabei nicht für wert, irgend etwas ernst-
haft mit ihnen zu besprechen?"
„Alles, was Sie wollen, Baronesse, nur
nicht trockene Grenzstreitigkeiten."
„Zu denen Ihre Ansprüche die Veran-
lassung gegeben haben."
„Sie fangen wieder an."
„Also lassen wir es, wenn es Ihnen so
mißfällt, und erzählen Sie etwas anderes!"
„Gerne. Aber vorher eine Frage. Was
machen Sie dann, wenn Sie morgen bei
der Verhandlung verlieren?"
„Wenn?"
I. Bd. Copyright 1913 by Velhagen L Klasing. 11
 
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