Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

DOI Heft:
Heft 2 (Oktober 1913)
DOI Artikel:
Illustrierte Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0384

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
K Lllustrierte Munöschau K
Vom neuen Rathaus in Hannover — Die Majoliken der Sammlung
Beckerath — Gürtelschließen von G. Bindhardt — Zu unseren Bildern

67>as neue Rathaus in Hannover vereinigt
in überraschender Weise alte und neue
Kunst. Zwei Künstlern von bewährtem Ruf
verdankt es seine Entstehung. Die ersten
Pläne schuf vor bald zwei Jahrzehnten der
Geheime Oberbaurat Eggert aus Berlin.
Sie hielten sich in dem überlieferten Prunk-
stil deutscher Renaissance. Viel Neues bot
das Werk nicht. Aber das Gebäude war
außerordentlich glücklich mit seiner Südfront
an den Naschparkteich hingesetzt, und so kam
eine prächtige Gesamtwirkung zustande. Eg-
gerts Nachfolger, der Hannoveraner Halm-
huber, empfindet moderner, er geht ganz
anderen Endzielen nach als der Beginner
des gewaltigen Baues. In der inneren
Ausgestaltung des Gebäudes, die noch nicht
durch Eggerts Pläne festgelegt war, zeigt sich
Halmhubers Streben nach einem großen mo-
dernen Monumentalstil: er hat Fritz Erler
und Ferdinand Hodler zur Ausschmückung
der großen Hallen und Säle herangezogen.
In Eggerts Pläne passen diese Männer
eigentlich nicht recht hinein. Beim ersten Um-
blick empfindet man sie wie eine Stilstörung.

Aber je länger man sich von dem schwung-
vollen Rhythmus besonders des Schweizers
tragen läßt, desto sicherer fühlt man sich in
der neuen Umgebung. Ferdinand Hodler
war die Aufgabe erteilt worden, die Einfüh-
rung der Reformation darzustellen. Auch
aus der kleinen Wiedergabe, die wir hier
in der Ansicht des Saales der beiden Kol-
legien bringen, wird das eine ersichtlich: Hod-
ler ist von dem üblichen Weg der geschicht-
lichen Malerei oder der allegorischen Dar-
stellung weit hinweg auf eigene Pfade ge-
raten. Seine Arbeit berührt zunächst wohl
jeden Beschauer befremdlich. Ja, es gibt so-
gar Vorlaute, die sich zuerst eines kleinen
Witzchens nicht enthalten können. Wir sehen
einen Agitator in leidenschaftlicher Haltung,
mitten auf dem Wandbild, genau über der
Türkrönung, die er gewissermaßen als Redner-
tribüne benutzt hat. Hinter ihm hält das
Volk. Da sind Hunderte von Männerhänden
zum Treuschwur auf den neuen Glauben
emporgestreckt. Der zunächst lächelnde Be-
schauer, der vielleicht auf den ersten Blick
festgestellt hat, daß diese hundert emporgewor-


Vom Rathausneubau in Hannover: Der Saal der beiden Kollegien mit dem Neformationsbild von
Prof. Ferdinand Hodler. Architekt: Prof. G. Halmhuber
 
Annotationen