214 ZLEELLELELEEELZ Georg Wegener:
großer Anzahl halte, und das tiefe Brummen
der Bären und der anderen Tiere, welche
auf der Ostseite ihre Käfige haben. Ich
setzte meinen Klingelzug in Bewegung. Ein
Mohr, mein treuer Leibdiener, erschien und
brachte mir auf einem silbernen Brett mein
allmorgendliches Glas frischer Milch. Ich
trank sie langsam aus und begab mich dann
in mein Schlafzimmer zurück, nachdem ich
noch einen Blick auf den von einer frischen
Brise gekräuselten Ozean geworfen, wo eben
um die Ecke eine Zahl herrlicher Schwäne
gezogen kam." Nun kleidet sich der Verfasser
an und füttert dann in Gesellschaft seines
jüngsten, dreizehnjährigen Sohnes die ver-
schiedenen Tiere in den eingehend beschrie-
benen Gehegen am Hause: Bären, Löwen,
Leoparden, schwarze Panther. Die Löwin
hat Junge, läßt sich aber trotzdem von dem
in den Käfig hineingehenden Vater — der
Sohn wird verständig draußen gelassen —
den Kopf krauen. Hierauf geht's zum Früh-
stück mit der Familie in den Speisesaal.
Die Frau des Hauses wird nur ganz flüch-
tig erwähnt; sie muß ja vorhanden sein der
erträumten Kinder und des Haushalts wegen,
aber sie wird gleich nach dem Frühstück mit
einer einzigen Zeile „Meine Frau hatte
Wirtschaftsangelegenheiten" vom Schauplatz
abgeschoben und nachher vergessen. Man
erfährt ferner, daß der älteste Sohn in Eu-
ropa Theologie studiert — offensichtlich ein
Zugeständnis an meinen Vater, der Geist-
licher war und schon damals mit Bedauern
fühlte, daß ich selbst andere Wege gehen
wollte —; die andern Kinder werden von
einem Hauslehrer unterrichtet, der als Sohn
eines damals noch mit dem Verfasser die
Schulbank drückenden Vetters eingeführt
wird.
Der Autor erledigt dann in seinem am
Meere gelegenen Studierzimmer mit der
wertvollen Bibliothek die gestern von dem
allwöchentlich zwischen Sydney und San
Francisco verkehrenden Dampfer gebrachte
umfangreiche Korrespondenz. „Dieser Damp-
fer brachte mir häufig liebe Gäste, die ich
mit offenen Armen empfing." Verschiedene
solcher Gäste werden genannt, natürlich da-
malige Freunde des Knaben, die als große
Gelehrte, Afrikareisende u. dergl. einge-
führt werden. Einer von diesen ist ein her-
vorragender Mediziner geworden und hat
dem Verfasser einen besonderen Dienst getan.
„Mein guter Cäsar, mein treuer Rappe,
dasselbe herrliche Roß, das mich durch die
Prärien Nordamerikas, wie durch die Ur-
wälder Brasiliens getragen hatte, das mit
mir die glühende Sahara durchmessen und
die Sümpfe des Kongo, Indien wie Au-
stralien, das hundertmal durch seine außer-
gewöhnliche Schnelligkeit mich durch die
Kugeln und Pfeile der Indianer getragen
oder vor einem verfolgenden Raubtier ge-
rettet hatte, war, wohl aus Altersschwäche,
krank geworden." Der befreundete Gast
stellt es wieder her.
Aber auch Gäste werden vorgeführt, die
der Autor in Wirklichkeit niemals persönlich
kennen gelernt hat. Ausführlich schildert er,
wie der als sein eigentliches Ideal verehrte
Alfred Brehm, der Verfasser des „Tierlebens"
(der damals noch in voller Manneskraft
stand und gerade einen Vortrag in meiner
Vaterstadt gehalten hatte), die letzten Lebens-
jahre auf seiner Insel im innigsten Verkehr
und gemeinsamer Forschung mit ihm zuge-
bracht habe. „Er stand mir bei in meinem
Federkampfe, den ich für die von neuem
angefeindete Lehre des großen Darwin focht,
und half mir meinen jetzt völligen Sieg
vollenden." Bis dann Brehm allmählich
körperlich hinfällig und vom Verfasser zu-
letzt nach Europa überführt wird, wo er im
alten Pfarrhause seines Vaters, des „Vogel-
brehm", sein Leben beschließt.
Der Verfasser erzählt hierbei, wie bewegt
jedesmal die vier Wochen seien, die er all-
jährlich selbst in Europa zuzubringen pflege;
wie er da zahllose Besuche zu empfangen,
mit Forschern und Studenten verkehren, aus
einer gelehrten Versammlung in die andere
zu eilen habe und wie des Abends gefüllte
Häuser seine Vorträge erwarteten. Die Er-
ledigung der Korrespondenz zeigt ihn im
Briefwechsel mit Redaktionen wissenschaft-
licher wie auch rein literarischer Zeitschriften,
beides freilich noch ganz im Horizont des
elterlichen Journalzirkels. „Hier schrieb der
Redakteur der Zeitschrift ,Natur' an mich
um die Lösung einer im Briefkasten gestell-
ten Frage. Dort ein Brief von der 'Dich-
terhalle' , der mir den Preis des letzten
Dichterturniers übersandte."
Den Rest des Vormittags arbeitet er dann
weiter an seinem großen wissenschaftlichen
Werk betitelt „Die Welt", und an der
Vollendung eines Romans, den er mit dem
nächsten Schiff nach Europa senden möchte.
Am Mittagessen nehmen drei Offiziere
eines englischen Kriegsschiffes teil, das am
Morgen in einiger Entfernung von der In-
sel Anker geworfen hat. Ihr Herumführen
nachher gibt Gelegenheit, das Haus und den
Park mit seinen Tierhäusern, Teichen, Wasser-
läufen usf. des weiteren zu schildern. Ebenso
die Meierei, die Johann, der nicht minder
wie der Hund und der Rappe treue Diener
und Reisebegleiter, verwaltet. Hierauf ladet
der Autor die Gäste zu einer Jagd in seinem
Urwalde ein. Alles macht sich beritten —
er selbst auf dem nicht minder ausgezeich-
neten Sohne Cäsars —, versieht sich mit
einer Masse von Waffen und bricht auf. Die
Insel wimmelt von Wild, denn der Verfasser
hat im Laufe der Jahre alles mögliche hier
aussetzen lassen: Fasanen, Pfauen, Trappen,
Strauße, Antilopen, Giraffen, Quaggas,
Steinböcke, Känguruhs, Gemsen, Tapirs.
„Ja sogar zwei Paar gewaltige Wisents,
die mir Seine Majestät der Kaiser von Ruß-
land zu schenken geruht hatte." Zunächst
wird nun in einer aufregenden Hatz ein
Zwanzigender-Hirsch gejagt und beim Durch-
großer Anzahl halte, und das tiefe Brummen
der Bären und der anderen Tiere, welche
auf der Ostseite ihre Käfige haben. Ich
setzte meinen Klingelzug in Bewegung. Ein
Mohr, mein treuer Leibdiener, erschien und
brachte mir auf einem silbernen Brett mein
allmorgendliches Glas frischer Milch. Ich
trank sie langsam aus und begab mich dann
in mein Schlafzimmer zurück, nachdem ich
noch einen Blick auf den von einer frischen
Brise gekräuselten Ozean geworfen, wo eben
um die Ecke eine Zahl herrlicher Schwäne
gezogen kam." Nun kleidet sich der Verfasser
an und füttert dann in Gesellschaft seines
jüngsten, dreizehnjährigen Sohnes die ver-
schiedenen Tiere in den eingehend beschrie-
benen Gehegen am Hause: Bären, Löwen,
Leoparden, schwarze Panther. Die Löwin
hat Junge, läßt sich aber trotzdem von dem
in den Käfig hineingehenden Vater — der
Sohn wird verständig draußen gelassen —
den Kopf krauen. Hierauf geht's zum Früh-
stück mit der Familie in den Speisesaal.
Die Frau des Hauses wird nur ganz flüch-
tig erwähnt; sie muß ja vorhanden sein der
erträumten Kinder und des Haushalts wegen,
aber sie wird gleich nach dem Frühstück mit
einer einzigen Zeile „Meine Frau hatte
Wirtschaftsangelegenheiten" vom Schauplatz
abgeschoben und nachher vergessen. Man
erfährt ferner, daß der älteste Sohn in Eu-
ropa Theologie studiert — offensichtlich ein
Zugeständnis an meinen Vater, der Geist-
licher war und schon damals mit Bedauern
fühlte, daß ich selbst andere Wege gehen
wollte —; die andern Kinder werden von
einem Hauslehrer unterrichtet, der als Sohn
eines damals noch mit dem Verfasser die
Schulbank drückenden Vetters eingeführt
wird.
Der Autor erledigt dann in seinem am
Meere gelegenen Studierzimmer mit der
wertvollen Bibliothek die gestern von dem
allwöchentlich zwischen Sydney und San
Francisco verkehrenden Dampfer gebrachte
umfangreiche Korrespondenz. „Dieser Damp-
fer brachte mir häufig liebe Gäste, die ich
mit offenen Armen empfing." Verschiedene
solcher Gäste werden genannt, natürlich da-
malige Freunde des Knaben, die als große
Gelehrte, Afrikareisende u. dergl. einge-
führt werden. Einer von diesen ist ein her-
vorragender Mediziner geworden und hat
dem Verfasser einen besonderen Dienst getan.
„Mein guter Cäsar, mein treuer Rappe,
dasselbe herrliche Roß, das mich durch die
Prärien Nordamerikas, wie durch die Ur-
wälder Brasiliens getragen hatte, das mit
mir die glühende Sahara durchmessen und
die Sümpfe des Kongo, Indien wie Au-
stralien, das hundertmal durch seine außer-
gewöhnliche Schnelligkeit mich durch die
Kugeln und Pfeile der Indianer getragen
oder vor einem verfolgenden Raubtier ge-
rettet hatte, war, wohl aus Altersschwäche,
krank geworden." Der befreundete Gast
stellt es wieder her.
Aber auch Gäste werden vorgeführt, die
der Autor in Wirklichkeit niemals persönlich
kennen gelernt hat. Ausführlich schildert er,
wie der als sein eigentliches Ideal verehrte
Alfred Brehm, der Verfasser des „Tierlebens"
(der damals noch in voller Manneskraft
stand und gerade einen Vortrag in meiner
Vaterstadt gehalten hatte), die letzten Lebens-
jahre auf seiner Insel im innigsten Verkehr
und gemeinsamer Forschung mit ihm zuge-
bracht habe. „Er stand mir bei in meinem
Federkampfe, den ich für die von neuem
angefeindete Lehre des großen Darwin focht,
und half mir meinen jetzt völligen Sieg
vollenden." Bis dann Brehm allmählich
körperlich hinfällig und vom Verfasser zu-
letzt nach Europa überführt wird, wo er im
alten Pfarrhause seines Vaters, des „Vogel-
brehm", sein Leben beschließt.
Der Verfasser erzählt hierbei, wie bewegt
jedesmal die vier Wochen seien, die er all-
jährlich selbst in Europa zuzubringen pflege;
wie er da zahllose Besuche zu empfangen,
mit Forschern und Studenten verkehren, aus
einer gelehrten Versammlung in die andere
zu eilen habe und wie des Abends gefüllte
Häuser seine Vorträge erwarteten. Die Er-
ledigung der Korrespondenz zeigt ihn im
Briefwechsel mit Redaktionen wissenschaft-
licher wie auch rein literarischer Zeitschriften,
beides freilich noch ganz im Horizont des
elterlichen Journalzirkels. „Hier schrieb der
Redakteur der Zeitschrift ,Natur' an mich
um die Lösung einer im Briefkasten gestell-
ten Frage. Dort ein Brief von der 'Dich-
terhalle' , der mir den Preis des letzten
Dichterturniers übersandte."
Den Rest des Vormittags arbeitet er dann
weiter an seinem großen wissenschaftlichen
Werk betitelt „Die Welt", und an der
Vollendung eines Romans, den er mit dem
nächsten Schiff nach Europa senden möchte.
Am Mittagessen nehmen drei Offiziere
eines englischen Kriegsschiffes teil, das am
Morgen in einiger Entfernung von der In-
sel Anker geworfen hat. Ihr Herumführen
nachher gibt Gelegenheit, das Haus und den
Park mit seinen Tierhäusern, Teichen, Wasser-
läufen usf. des weiteren zu schildern. Ebenso
die Meierei, die Johann, der nicht minder
wie der Hund und der Rappe treue Diener
und Reisebegleiter, verwaltet. Hierauf ladet
der Autor die Gäste zu einer Jagd in seinem
Urwalde ein. Alles macht sich beritten —
er selbst auf dem nicht minder ausgezeich-
neten Sohne Cäsars —, versieht sich mit
einer Masse von Waffen und bricht auf. Die
Insel wimmelt von Wild, denn der Verfasser
hat im Laufe der Jahre alles mögliche hier
aussetzen lassen: Fasanen, Pfauen, Trappen,
Strauße, Antilopen, Giraffen, Quaggas,
Steinböcke, Känguruhs, Gemsen, Tapirs.
„Ja sogar zwei Paar gewaltige Wisents,
die mir Seine Majestät der Kaiser von Ruß-
land zu schenken geruht hatte." Zunächst
wird nun in einer aufregenden Hatz ein
Zwanzigender-Hirsch gejagt und beim Durch-