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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

DOI Heft:
Heft 2 (Oktober 1913)
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Vockerat, Philipp: Schaufenster-Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0303

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LLLLLLLLLELLLLELS! Schaufenster-Künste IL^LZr^SLZrZrZ-^ 241


V

Schaufenster des Japanhauses R. Wagner an der Dresdener Straße

lichkeit dringen, mit der sorgsamen Aus-
bildung der Schrift bei ihren Schildern und
Etiketten, mit ihrem gepflegten Farben-
und Formensinn und mit der peinlichen
Sachlichkeit, die nie den Zweck und die ur-
sprüngliche Gestalt des Materials aus dem
Auge verliert, eine Kulturarbeit von
hohem Wert.
Nur eines ist's vielleicht, das heute noch
bei dieser nun schon soviel Anhänger und
gelehrige Schüler aufweisenden „Schau-
fensterologie" gelegentlich stört: die allzu
betonte Bewußtheit und Absichtlichkeit des
ästhetischen Wollens. Es fehlt mitunter
die Selbstverständlichkeit, die freie Natür-
lichkeit der Arrangements. Eine besondere
Idee, ein Witz, ein Apercu drängt sich vor.

Etwas gar zu „Künstliches", wie Gerhart
Hauptmanns Jau sagt, scheint noch un-
ausrottbar. Aber das hat das Schau-
fenster mit unsrer gesamten Kulturentwick-
lung gemein, die allenthalben noch zu sehr
von Zielbewußtheit und Absicht lebt und
noch nicht organisch, wie eine Pflanze,
aus dem Leben unserer Allgemeinheit her-
vorwächst. Wird sich das bald ändern?
Wir wissen es nicht. Wir haben auch
keinen rechten Anhalt, es zu glauben; aber
wir dürfen es hoffen. Dann wird auch die
Schaufensterkunst in die große Selbstver-
ständlichkeit einer öffentlichen Existenz von
Geschmack übergehen. Und — es wird
dann niemand mehr einen Aufsatz über
diese Dinge schreiben . . .

lxj Auslage des Delikatessengeschäftes F. W. Borchardt in der Französischen Straße U
Belhagen L Klasings Monatshefte. xxvill. Iahrg. 1913/1914. I. Bd. 16
 
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