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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 4 (Dezember 1913)
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Wolf, Georg Jacob: Albert Welti der Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0632

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524 MELLLEL vr. Georg Jacob Wolf: Albert Welti der Maler

treten in reichen, fremdartigen Gewändern,
gewebten Wunderwerken der Phantasie,
Schalen und Gefäße in den Händen hal-
tend , die trauernden Penaten. Feierlicher
Ernst liegt über dem Geschehen, Todes-
stimmung. Es ist wie ein Hohes Lied auf
den Tod des Genies. Das von uns in den
Farben des Originals wiedergegebene Bild
bestätigt aufs klarste die eingangs erwähnte
nahe Verwandtschaft Weltischen und Keller-
schen Geistes.
Den „Penaten" folgte nur noch ein
Tafelbild, „Die Eremiten", das ein Lieb-
lingsmotiv Weltis abwandelt: eine Art
poetischer Naturgeschichte desAsketentums.
Es ist ein vita eontkinpIutivu-Stimmung
in dem Werk, die es zu einem Geistesver-
wandten des rätselhaften Pisaner Campo-
santo - Fresko stempelt.
Dieses Bild war das letzte, das Welti
in München malte.

Noch ward ihm im Jahre 1909 die
„Rückkehr in die liebe Heimat", wie eine
Gelegenheitsradierung jubiliert, ein kur-
zes Vaterlandsglück in Be m, in dem be-
haglichen, poesieumsponnenen Haus an
der äußeren Schoßhalde. Dann aber
kam der bittere Schlag: der Tod Eme-
linens, der dreiviertel Jahre später, am
7. Juni 1912, Welti selbst folgte. An
der Seite seiner Frau, am Schoßhalden-
friedhof, wurde er begraben, lange be-
vor seine Schaffenskraft erschöpft und
seine Lebenskraft verbraucht war.
Wir haben in ihm, der uns wie ein
alter Meister scheint, den letzten aus dem
Stamme Schwinds verloren.
Einer der großen Märchenerzähler der
germanischen Malerei ist mit ihm viel be-
trauert, auf ewig unvergessen in das Grab
gestiegen, das ihm in seiner geliebten
Heimaterde geschaufelt ward . . .


Seiltänzer. Gemälde, 1911
Im Besitz des Herrn Arnold Mettler in St. Gallen
 
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