Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 301 - Nr. 303 (28. Dezember - 31. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48728#0426

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
» -
nehmen. Beide sind bekanntlich ausgewtesc n
Worden eMrer Hat eine Gefä-ugniSstra?« von einenr
halben Jahr vonbüsst, letzterer in der Zwischertzn«
den Bürgevmeisterposten in Psorzhetn; Wernommeu.
Holler wird in Bald« in Offenburg znvückerwartet.
/ .


Republik Baden.
Vereinfachung der Staats-
verwaltung.
Das Staatsministeriu-m hat nach Aichörnug des
LanvstSredischs» Ausschusses verordnet:
Das Ministerium des Innern wird ermächtigt,
zur Vereinfachung der Organisation der innere,r
Verwaltung die Einteilung der Amtsbe-
zirke zu ändern und die dadurch bedingte Aen -
derung der Kreisgrenzen festzusetzen. Die
Umbildung der K r eis v er sa m m lunge n,
der Kretsräte und der Bezirksräts, die
durch die Aenderung in der Einteilung der
Kreis« und der Amtsbezirke notwendig wird,
regelt das Ministerium des Innern für die Zeit bis
zur nächsten Erneuerung dieser Vertretungen durch
Anberaumung von Neuwahlen oder durch Anord-
nung unterZngriindelegung des Ergebnisses der letz-
ten Wahlen.
Karlsruhe, 24. Dez. Im groben Rathaus-
saal sand sich der B ad i sch e Kreistag zu einer
Sitzung zusammen, um zum Beanften-Hlvhau der
Kreisverwaltung und zur Zusammen-
legung der Kreise Stellung zu nehmen. In
der Versammlung wurde eine Entschliessung auge-
uomimen, nach der der Vorort Karlsruhe beauftragt
wird, wegen etwa zu ergreifender Einschränkungen
mit dem Ministerdes Innern zu beraten.
Ferner wird aus das Verhängnisvolle dev Zusam-
menlegung der Kreise hingewiesen und dagegen
schärfster Protest erhoben.
Aufhebung des Verrvattungshofes-
Das StaatSministerinm hat die Aushebung des
Vcrwaltungs Hofes beschlossen. Der Landstän-
discheAusschußhat dazu seine Z n st i m mnng
gegeben. Die Ausgaben des Verwaltungs-Hofes gehen
an die sachlich zuständigen Ministerien über, soweit
nicht durch Verordnung des Staatsministeriums
oder der zuständigen Ministerien etwas anderes be-
stimmt wird.
Die Verordnung Wer di« Aushebung des Ver-
WMuMshofes tritt am 1. Februar 1924 in
Kraft.
Eine verhängnisvolle Reichsrvehr-
schießerei.
Konstanz, 27. Dez. Die Delegraphen-Union
teilt uns mit: In der vergangenen Woche bemerkte
ein Posten der Schiebstandswache in dem für
Zivilpersonen allgemein verbotenen Schiessstan-ge-
! linde in den Abendstunden drei ZivilPerso -
u e n, die aus ihn z-ukamen. Trotz seines mehrfachen
Anrufs böieben diese nicht stehen. Der Posten
machte, äls er einen gegen ihn beabsichtigten Angriff
erkannte, in der Notwehr von seiner Waffe Gebrauch,
Worauf die Angreifer verschwanden. Wie es sich
umk heransst-ellte, hatte der vorderste Mann einen
LungenschinH davongetragen. Eine Untersuchung ist
eingeleiitet. Der Angeschossem ist der 24 Jahre alte
Anwaltsgeyilfe Ernst Mannen.
Konstanz, 27. Dez. In der „Konstanzer
Volksztg." schreibt in einer Entgegnung auf die Dar-
stellung des Standorts-Komlnaüdos Rechtsanwalt
Frank als Vertreter der beiden Beteiligten, von
denen einer durch einen Lungenschuss nicht unerheb-
lich verletzt wurde, das folgende:
„Es ist u nwahr, das; es sich, wie der Bericht
des Standort Kommandos besagt, nm drei Zivil-
personen handelte. In Betracht kamen nur zwei,
die sich auf dem Heimwege von einem Spaziergänge
befanden. Um den Weg abzukürzen, gingen st« quer
durch den Wald hindurch und kamen hierbei un-
freiwillig auf den 1. Schiebstand an da» Strasse.
Sie wurden In dem Augenblick, da sic ihren Irrtum



erkannten, von dem Posten angeruseu, hielten
dann sofort im ft-ehen inne und erwiderten den
Anruf mH den Worten: „Mir stehen!" Im
gleichen Momente gab der Posten auch schon
den verderb-onbrin senden Schutz ab. Der Posten
hat keineswegs wiederholt angerufen. Die vom
Standort-Kommando als „zweifelfrei" aufgestellte
Behauptung, das; einAngriff auf den Posten be-
absichtigt war, mutz als unzutreffend mit aller
Entschiedenheit zurückgewiesen werden; es ist dies
ebenso unwahr Wie die Behauptung, das; die
beiden Männer nach dem Anruf verschwinden woll-
ten! DM Posten rief, nachdem er den Schutz abge-
fcuert, den beiden Zivilisten zu, sie sollen links nach
der Strasse huWufgehen, was diese denn auch taten.
Die beiden jungen Männer waren ohne jede
Waffe und bürgen- ihrer sonstigen einwand-
freien Führung nach für das Gegenteil des
Berichts des Standort-Komuta-ndos, der sich übri-
gens schon deshalb nicht als zweifelsfrei benennen
kann, wett es sich nicht um drei, sondern um zwei
Zivilpersonen gehandelt hat. Nach den glaubhaften,
allenthalben auch Von der öffentlichen Meinung ge-
teilten Angaben der zwei Männer ist di« vom
Standort-Kommando gegebene Darstellung schon an
sich als sehr unwahrscheinlich und zweifellos als ein
Produkt starker Selbsttäuschung des
Postens zu bezeichnen, der entweder in über-
triebener Aengstlichkeit odro in grober
Leichtfertigkeit handelnd, das Leven zweier
braver Familienväter schwerster Gefahr ausgefetzt
hat."
Der Kampf um die Schulpolitik.
Unser fchulpolftffcher Mitarbeiter schreibt uns:
Einos freut den Schnlpolitiker der Heidelberger
„VoAs-zeftlMdg" köstlich: Prompt heulen Getroffene!
Zunächst einmal haben die Artikel über Schul-
abbau den Hauptmatador im Kampfe gegen sozia-
listische Weltanschauung und gegen deren Vertreter
innerhalb des badischen Lehrervcreins auf den Plan
gerufen. Eins ist bewundernswert: Mut besitzt der
Herr, der die sozialdemokratische Partei im „Manul).
Gen.-Anz." und im „Karlsr. Tagebl." jctzr verun-
glimpft, denn er deckte sein Pamphlet mit seinem
Name». DM er diese beiden Schwerindustriellem-
orgawe zum Veröffentlichen seiner Weisheit wählte,
spricht eigentlich schon Bände! Welches ist nun Vie
Weisheit, die dieser Herr vom Stapel liess? Er ver-
ficht die denkbar unhaltbarste These, die inan je auf-
zustellen sich erkühnte: Es gäbe in Baden kein«
Partei, di« schwerer versagt hätte in schulpoliiischen
Dingen als die badische Sozialdemokratie.
Der SchMPolftiVer der „Volkszeitung", der lange
schon vor diesem überheblichen Herrn die badische
Schulpolitik mitvestimmen half und dessen Material
jahrelang schon Wilhelm Kolb das Rüstzeug
gab zu den denkwürdigen VolkSschnKdebatten vor dein
Krieg, würde Wasser ins Meer tragen, wenn er ein
Loblied auf die SaziaMemokratie sänge, denn das
Weitz auch noch die ältere badische Lehrer-
schaft, ihre einzige Hoffnung in oft fast aussichts-
losen Kämpfen um die Gestaltung der Schulpolitik
war immer nur einzig und Mein die Sozialde-
mokratie. Sie hat sich nicht geändert, so
wenig wie der SchulpoRtiker der „Volkszeitung" sich
geändert hat; als einer, der nur seine politische und
um seine Weltanschauung gelitten hat, steht er scsi
ans seinem errungenen Boden. Beide sind sich gleich
gcblieben im Kampfe um eine geistige Höherhebnug
der proletarischen Massen durch eine guteutwickelt«,
den Zeitläuften entsprechenden Volksschule, in
dem sie still und zielsicher ihre Aufgabe, die thnm
von ihrem sittlichen PflicMewusstseiu diktiert Ist, zu
lösen snchen.
So zielsicher, ist aber dieser Herr »nicht; er verdient
es, wenn ihm die Mannheimer „Volksstimme" für
sc ine „jeder Objektivität nutz jeder inneren Ehrlich-
keit baren Angriffe" tüchtig zurechtweist, indem sie
ihm feine schleimige Aufdringlichkeit",
mit der er sich der Sozialdemokratie 1918 und 1919
nach ansiiMlichem vorsichtigem Abwarten anzubie-
dern versuchte, unter die Nase rieb. Da die Sozial-
demokratie sich durch seine schöngeistigen Geistroiche-
l-eien und Philosophisterei-en nicht den Kops ver-
drehen liess, wie jene „Mna mater", die ihm daun
verzückt den Doktorgrad spendiert«, so zuckte der
schöngeistige Philosoph von ihr mit merklichem Ruck
nach rechts ab und Warf sich in die Arme jener

deutschnational orientierten Schwcr-
industrielle nkl-iq u e, deren junger Mann
äusserst brauchbar! — er wurde. Heute predigt er
Muff-Marxismus und Revanche gegen den „Erb-
feind"! Und dieser Mann ist es, der der eigent-
liche Letter der Lehrerschaft Badens
ist. Wir wollen solch eine Gestnnuugsschwenktmg
nicht mit dem verdienten Wort bezeichnen; cs be-
rührt aber doch eige-niümlich, dass die Lehrerschaft so
leicht jedem, der -cs versteht, sich einen pathetischen
Anstrich zu geben, zu ihrem Führer stempelt. Einen
Mann, dazu Ehrendoktor, der seine Anschauung
binnen Kürze aus solch durchsichtigen Gründen wech-
selt, wie Herr Dr. Ernst Krieg, Hauptl-ehrer in
Mannheim, hat nach Auffassung der sozialdemokra-
tischen Lehrer sein Doktorat, seinen A-nsPrlich, Phi-
losoph, Erzieher, Lehrer und Lebversührcr zu sein,
verwirft. Und das wird Wohl die Aufassun-g jedes
Sozialldemolrakon sein, der auf Reputierl-ichkeit et-
was hält.
Aber noch eines freut den SchulpMffker. Ge-
troffen hat sein Hieb, die „Isolierung der
badischen Sch u l zei 1 u ng"; denn diese bellt,
indem sie unter der SpitznüMke „Schmock" feinen
Artikel vollständig abdruckt. Sie hat ihm damit
chnen guten Dienst geleistet, sich selbst aber einen
Bärendienst, denn die denkenden Lehrer unter-
schreiben seinen Artikel Wort für Wort, wie Es
Zuschriften aus Lehrerkreisen wir die Parteipresse er-
sichtlich ist. Belustigend ist aber, wie sie durch ihr
ewiges Herumfahuden nach der Pers on des Sch-u-l-
poAtükers der „Volkszeitung" einen böse» H-eroinfaü
erlebt hak. Noch immer wittert sie in ihm den Gen.
Haebler- Karlsruhe. Sie tut das, obwohl ihr
von dieser Stelle schon einmal klipp und klar gesagt
wurde, dass der SchulpolitMr der „Volkszeitung"
nich t der Genosse Haebler ist. Es mutz ihr aber
auch gesagt werden, dass sie gegen einen Gegner, Len
sie nicht kennt, den poLitisch-ehrenrührigen Vorwurf
des Vergleiches mit Schmack als anständige Zeitung
nicht erheben -dürfte. Der nur allzu nüchterne Be-
trachter der schuGM-tifchen Geschehnisse, wie der
Schreiber dieser Zeilen einer ist, hat auch ganz
und gar nichts „Genialisches" an sich,
so das; auch dieser ironische Scitenhieb ein Stotz In
die Lust ist.
Ms drittes erfreuliches ist zu registrieren, dass
der geschworen« Feind des schulischen Fortschrittes,
der nunmehr 68jährige Ministerialdirektor und ewi-
ger Pevsormlreserent im U-nle rrichtsmini sterium,
Franz Schinidt, der bestgehasste Beamte dieses Res-
sorts, der rigorose Abbauer nach den Wünsche!« einer
der Schirle nicht holden Partei, in der Oessenilichkeit
nun endlich einmal als selbst abbauwürdig
-erkanni wird. Ein diese Abvauwürdigkeit beleuch-
tender Artikel bezeichnet sein Vorgehen gegen die
vcwheiratsten Lehrerinnen als brutal, was wir unter-
streichen möchten. Und der „V olkssreund" zeiht
den Herrn Schmidt der Taktlosigkeit. Mit Recht;
ME muss sich solch ein Urteil gefallen lassen, wenn
mau persönlich -die E n 1 las s u n g s d e k r c t e un
ter zeichnet und selbst schon längst abbau-
überreif ist.
Hoffentlich schüttelt die sozialLeniokralifche Land
ta-gSfraMon die Überreife Flucht vom Baume des
Unterrichtsministeriums. Sie bereitete damit nicht
nur ihren Parteigenossen im Lehrerstande, sondern
auch dem grössten Teil der Lehrerschaft Badens eine
grosse Weihnach'.s- und Neujahrsfrcude und eine
ungeheure Erleichterung.
Volkswirtschaft.
Goldmarkbilanzen.
Nachdem bereits eine Reihe von Nengründ-u-ngen
mit GMckapital erfolgt sind und viel« 'Aktiengesell-
schaften ihre jungen Aktie» nur gegen Goldmark
ausgegeben haben,- hat sich nun di« Thüringi-
sch« Getreide-Industrie - Kreditbank
A.G. als erste deutsche Aktiengesellschaft ganz auf
die Goldmark 'mngestellt. Die Entwicklung wird
durch einen Geschenk w u r f beschleunigt werden,
der Jnpentarisicruug und Bilanzierung in Goldmark
vorsieht. Nach dem Gesetzentwurf Missen sich alle
kaufmAmischen Unternehmungen zum 1. Januar
'1921 meu anftun, und gewissermassen eine Eröff-
n n ngsbilanz ausslellen, die ein genaues Ver-
zeichnis der Grmidstücke, der Forderungen und

Schulden sowie der VermögenSgegenstän-de in Golk
mark umfass: Stach der Umstellung mutz der Betrat
Les eigenen Kapitals einer Aktiengesellschaft od,
einer Kommanditgesellschaft mindestens 5060 Goli
mark, der einen G. m. b. H. mindestens 500 Goth
mark betragen.
WeltbamnrvoLsrmLe.
Die Baumwollernte des Jahres 1922/23 will
tm Gegensatz zur guten Getreideernte
nur aus 20 Millionen Ballen gegenüber 28,5 M:h
lionen Ballen im Jahre 1914/15 geschätzt. Aus di,
Vereinigten Staaten entfallen 10)4 Millionen Bali
len gegen 16,7 Millionen Ballen im Jahre 1914/14
In Indien ist die Produktion mit ungefähr 5 M-tllto-
nen Ballen gleich geblieben, dasselbe gilt für Aegyp-
ten mit 1,3 Millionen Ballen. Russland erzeugte nur
100 Ballen gegen 1,145 Millionen Balten vor dem
Kriege.
Die Verringerung der GesamtbauMvollerute, di«
äusserst trübe Aus sichte» für die Versorgung
des Weltmarktes mit Baumwolle bietet, ist auf die
Verringerung der amerikanischen Anbaufläche ans
etwa 24 ihres früheren Umfanges und aus den Aus-
fall der russischen Ernte in Turkestan zurückzuführew

Soziale Rundschau.
Die Neuregelung des Schlichtungs-
wesens.
Von Jakob Weimer, Sekretär des A. D. G. B
Stuttgart.
ll.
Nach ß 5 der neuen Schtichiungsverordnumg
Werden di« SchlichturrgöauSschüsse und Schlichter auf
Anruf eitler Partei oder von amtswegen tätig. Irl
der Verordnung ist der Begriff „Partei" nicht näher
bestimm». Ob einer Anrnsun-g stattzugeben ist, wenn
betspiielsweiise auf der einen Seit« einer Tarifgeineftr-
schast mehrere Verbände beteiligt sind Mld nicht alle
gemeinsam den ScWchtumtgsausschUtz oder den
Schlichter augcrufen haben, geht aus dem Wortlaut
de,» Verordnurig nicht hervor. Hier werden eben-
falls die Ausführungsbestim-mnngen noch Klarheit
schassen müssen. Was dann noch die Tätigkeit der
Schtich-tmlgsinstEseu von amtswegen anbelaugt, so
ist zu beachten-, dass der -bisher durch die Möglichkeit
einer Geldstrafe gewissermassen garantierte Erschei-
ruingS,,zwang vor den Schltchtungbsbehörden nicht
mehr besteht. Auch hier worden die AusfllhrmigS-
bestimmungen, wenn Konflikte von vornherein ver-
mieden werden sollen, den Erscheinungszwang fest-
legen Missen.
Das Schlichtungsverfahren selbst wird dadurch
etngeleitet, dass der unparteiische Vorsitzende des
Schkichiu-ngsauSschufleS oder der Schlicht«« zunächst
ohne Zuziehung von Beisitzern eine VeroinharmM
zwischen den Parteien herbsiznführen sucht. Diese
Bestimmung ist offenbar «in von fiskalischen Erwä-
guugen getragenes Experiment. Ob es zum Erfolge
führt, ist zweifelhaft. Die Gefahr liegt nahe, dass
das Gegenteil evueicht und vielfach eine Verschlep-
pung des Schlichtungsprozesses herbei geführt wird.
Jedenfalls wird in ZnkmO ei» Streitfall erst dann
vor einer Schlichtnugskammer verhandelt, wenn dem
Vousttzenden selbst di« Einigung der Parteien nicht
gelingt. Die Schlichtungskammern selbst sind sowohl
beim beim Schlichter als auch bei den Ausschüssen
Amstighiu mit j« nur 2 Beisitzern Es Arboitgeber-
imd Arbeitn-ehmerkreisen besetzt. Darüber, ob je einer
der Beisitzer der Berufsgruppe zu entnehmen sei, in
deren Gebiet die Streitigkeit liegt, sagt die Verord-
nung nicht. Es wird demnach anzunehmen sein, dass
sich di« Schl-tchtungsverordnung in dieser Hinsicht IN
einen bewussten Gegensatz zum bisherigen Rechts-
zustande setz« und Berufsvertreter von der Verhand-
lung ausgeschlossen Wissen will. Auch die Sch-lich-
iu-ngSk-ammern haben zunächst einen Einigungs-Ver-
such zwischen den Parteien zu unternehmen. Wen»
dieser nicht gelingt, wird ein Schiedsspruch abgege-
ben. Der seitherig« rechtliche Charakter §ss Schieds-
spruches ist unverändert geblieben. Es ist ein amt-
licher VereiubarungSvorschla-g, der von de« Parteien
angeuonvmen oder ab gelehnt Warden kann. Wird e<
von beiden Teilen angenommen, so hat er die Wir-
kung einer schriftlichen Gesamtvereinbarung; wird er
nicht von beiden Teilen angenommen, so kann er
nach 8 6 der SMich1u-ngsvero»dnnug für verbindlich


wurde derselbe, den man erst als den verruchtesten
Mörder verbuchte und den man zu zerreissen drohte,
noch ehe er die Wuwiihn« bestiegen, als unschuldiges

dass der König sich auf unzarte Weis« daran erin- -Endlich mit d'AndittYs Hilfe gelang es der Scu-
nert fühlte, datz er m Begriff stehe, das strenge deri, Eszukurrdschaften, dass der König eine lauge
Recht der Schönheit aufzuopsern, oder vielleichl geheime Unterredung mit dem Gr-Men Miossens ge-
ging es dem Könige Wie dem Träumer, dem, hart habt. Ferner, dass Bontoms, des Königs vertrau-
angerufeu, die schönen Zauverbilder, die er zu um- teMr Kammerdiener und Geschäftsträger, irr der
fassen gedachte, schnell verschwinden. Vielleicht sah Conciergeri gewesen und mit Brusson gesprochen^
er nun nicht mehr seine Balliere vor sich, sondern dass »endlich in einer Nacht eben derselbe B-ontcms
dachte nur an die Soonr Louise de la Msericord« mit mehreren Leuten in Cardillacs Hause gewesen
(der Ballier« Klostername bei den Karmelitern»«- und sich lange darin äu.sgchal-ten. Claude Patru, der
neu), die ihn Peinigte mit ihrer Frömmigkeit imd Bewohner des u-wtem Stocks, versicherte, die ganze-
Butze. — Was war fetzt anders zu.Am, als des
KNrigs Beschlüsse ruhig abzuwarten.
Des Grasen Miossens Aussage vor der Cham-

ivü
Zufall das böse Geheimnis, nun

Nacht Wer habe es Wer seinem Kopfe gepoltert,
und gewiss sei Olivier dabei gewesen, denn er habe
seine Stimme genau erkannt. So Viel war also
gewiss, dass der König selbst denn wahren Zusam-
menhang« der Sache nachforschen liess, unbegreiflich,
blieb -aber die lange Verzögerung des Beschbnsses.
La Regnie mochte alles aufbieten, das Opfer, das
ihm entrissen werden sollte, zwischen den Zähnen
, . .... festzuhalteu. Das verdarb jede Hoffnung im Äuf-
Opser einer baribarisch-en Justiz hcÄagt. Run erst keimen.
' .. ff /, f.' . I , f " I s. ./ ' § Beinahe ein Monat war vergangen, da liess die Wille."—
haften Wandels, der großen Liebe zu Madelon, -det Mainienon der Scuderi sagen, der König wünsche

Euer Spiel ist gewonnen." — So leise dies auch genötigt war, bei der Marechaussee Schutz zu su--
die Matntenon sprach, doch schien es der König chsn vor dem erzürnten Pöbel.
Vernommen zu haben. Eine Röte Werflog sein! Mehrere Nage vergingen, ohne dass der Scuderi
Eber, ör las die Supplik, die M-adslon ihm über- kannt wurde.

zu Füssen Winsen. Der hinderte sie daran, spre-
chend: „Geht, geht, Fräulein, Ihr solltet P-arlae
mentsabvokat sein und meine NechtsMnd-el ausfech-
ten, denn, beim heiligen Dionys, Eurer Beredsam-
keit widersteht niemand aus Erden-. — Doch", fügte
er ernster hinzu, „doch wen die Tugend selbst ick
Schütz ni-nimt, nmg der nicht sicher sein vor jeder
bö-sen MMage, vor der Chambre arden-te und -allen
Gerichtshöfen in der Welt!" — Die Scuderi sand
nun Worte, die sich in den glühendsten Dank ergos-
sen. Der König -mfterbrach sie, ihr aukündigenv-
das; in ihrem Hause sie selbst viel feurigerer Dank
erwarte, als er von ihr fordern könne, denn wahr-,
schotnlich umarme in diesem Augenblick der glück-
liche Olivier schon steine Madelon.. „Bontems -
so schloss der König, „Boniems soll Euch tauseuv
Gulden auszahle«, die gebt in meinem Na> neu der
Klstnon als Bra;»schätz. Mag sie ihren Nrusscm, der
solch ein Glück gar nicht verdient, heiraten, aber
dann sollen beide fort aus Paris. Das ist meist
Die Marttnissre kam der Souderi entgegen mit

delmr. „Ach, der Glaube an Euch, meine MutleZ
«stand ja fest in meiner Seele", rief Olivier, UM
- -- - —-- -Mie die Hände u»?

Erzählung aus dem Zeitalter Lirdwig XIV.
Von E. T. Sl. Hoffman n.
(Schluss.)
Die Scuderi hatte solche »Gunst geahnet und da-
her Madelon nritgenommenn, die bei der Marquise
Kammerfrau wartete und mit einer knrlz-en Bitt-
schrist in den Händen, die ihr d"AndillY auMsetzt.
In wenig Augenblicken -lag sie sprachlos dem Könige
zu Füssen. Angst — Bestürzung — schone Ehrfurcht -
— Liebe -und Schmerz trieben der Armen rascher bre ardente -war indessen bel-mmt geworden, und
UN- rascher, das siedende Mut durch alle Adern wie es zu geschehen Pflegt, das; das Volk leicht ge-
LMe Wangen glühten in Hohem Purpur — die trieben wird von einem Extrem zum Edern, so
Nugeu glänzten vo-q Hellen Trünenperlen, die dann
«Md wann hinabfielen durch die -seinen Wimpern Es
den schönen LMe-nbusen. Der König schien Letros-
über die wunderbare (Schölcheit des Engei- Opfer einer barbarischen Justiz beklagt. Nun erst
knds. Er hob das Mädchen sanft ans, dann machte erinnerten sich seine NachbarSleu-te seines lügend-!
«k eine Bewegung, als wolle er ihre Hand, die er haften Wandels, der großen Liebe zu rviadelou, der unacnrenon oer Wcuoerc ;a«en, oer -»ro«>« »v-cuc-icc-r x-»-
gefasst, küssen. Er liess sie wieder und -schaut« das Treue, der Ergebenheit mit Leib und Seele, die er ffie heute abend in ihren, der Mainteno«. GMiächer-n raschen Schritten, hinter ihr her Vapchte, beide m«
holde Kind an mit trüncnfouchtem Blick, der von zu dem alten Goldschmied gehegt. — Gauge Züge zu sehen. vor Freude glänzmdcn Gesichtern. Velde jauchzen r
her tiefsten inneren Rührung zeugte. Leise lispelte des Volkes erschienen oft auf bedrohliche Weise vor i Das Herz schlug der Souderi hoch ans, sie wusste, ffchrcisnd: „Er ist hier --- er ,st wer. o die lnoe
Vie Maintenon der Scuderi zu: „Sieht sie nicht der la Regnies Palast und schrien: „Gib uns OMVier dass Brusso-uS Sack;« sich nun entscheiden würde. Stellungen Leuie!" —DcS senge Paar Mrzts dev
La WEitzre ähnlich aus eiu Haar, das kleine Ding? Boussons heraus, er ist unschuldig", und warfen sagte es der armen Madelon, die zur Jungfrau, zu »den zu Füßen. ,O, ich habe«.' !» gew,«»' dass
Der König schwelgt in den süßesten Erinnerungen. Wohl gar Stein« nach den Fenstern, dass la Ragnte Men Heiligen inbrünstig b-etete, dass sie doch nur tu »Ihr allein mir den Gatten .etten wurdet , n

dem König die Ueb-erzeugung von Brussons Un-
schuld erwecken möchten. >.. .........
Und doch schien es, als hab« der König die ganze beide küssten der »Erdig«« Dame die Hände uM
Nesicht, sein Blick streifte bei der Maintenon vor-!von Olivier Brussons Prozeß nur das mindeste be- Sache vergessen, denn wie sonst, weilend in anmuti- vergossen tausend hfttze Tranen, und VE« »«»
über, er las die Supplik, die M-adslon ihm Wer- kannt wurde. Ganz trostlos begab sie sich zu der gen Gesprächen mit der Maintenon Ed der Scuderi, armiere st« sich wieder mW veteuertm. VM die uoc r
reicht, und sprach dann mild und gütig: „Ich willS Maintenon, die -aber versicherte, daß der König Wer gedachte er nickst mit einer Silbe des armen Bims-.irdische Seligkeit dieses Slug-euMcks Ms ^nen^W
kvöhl glauben, dass du, mein liebes Kind, von del- .die Sache schweige und es gar nicÄ geraten scheine, »sonS. Endlich erschien Boniteurs, näherte sich dem Leiden der ver-gangcnen Tage auuvtege, ;md icyn
veS Geliebten Unschuld überzeugt bist, aber Höven ihn daran zu erinnern. Fragte-sie nun noch mit Könige und sprach einige Worte so leise, datz Heide reu nicht vomium^r zit tassen bis tu ve« Lor. -
tstr, was die Chambre ardeme dazu sagt!" — Eine sonderbarem Lächeln, was denn die Keime VMiHr«^Damen nichts davon verstanden. — Die Scuden Nach wsniTagen^ivurden sie Verbund, °
Hasste Bewegung Ml der Hand verabschiedet« die mache? so überzeugte sich di« Scuderi. daß tief tmrvbebte kn Innern. Da stand der König auf, schritt SegE des Pri^r^ Wa» es auM r --
Kleine, die in Tränen verschwftmnen wollte. — Die - Innern der stolzen Frau sich ein Verdruß Wer «ine auf hie Scuderi zu und sprach mit lnrchtender Königs M«e gewe^, Brussorr va te )
DcÄert gewährte zu> ihr«m Schreck, daß die Eriume- Nngel-egercheit regte, die den reizbaren König im Blicken: „Ich wünsche Euch Glück, mein FrSuleini jParis bleiben können, wo mn alle^,
rrmg E die Balliere, so erspriesslich sie anfangs ein Gebiet locken konnte, auf dessen Zauber sie sich!— Euer Schützling, Olivier Brusson. ist frei!" - lebe Zeit der Untaten
«schienen, des Königs Sinn geändert hatte, sowie nicht verstand. Von der Maintenon konnte sie daher-Die Scuderi, der die Tränen aus ven Augen stürz, zirgendein Zmall dm- vo,e
LeMatntenon do» NENN genMNü Mocht «s sein, gar nichts Hoffen. stirxs Wortes mächtig, wollt« sich den; König inehreren Personen bekaEt worden, feindselig em
 
Annotationen