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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

DOI Heft:
6. Heft
DOI Artikel:
Forrer, Robert: Neues Studienmaterial zur mittelalterlichen Bewaffnung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0183

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6. HEFT R. FORRER, NEUES STUDIENMATERIAL ZUR MITTELALTERLICHEN BEWAFFNUNG

163

Sachsen Artolerey“ vom Jahre 1581 einmal „128
Doppel Eysene Hacken mit Schwentzen“,
ein andermal „291 Doppel Messinge hacken
mit eysen Schwentzen“.
Es handelt sich also um schwere Haken-
büchsen, „Doppelhaken“; aber sie tragen, im
Gegensatz zu den gewöhnlichen mit hölzernem
Laden- oder Stangenschaft, „eiserne Schwänze“.
Was das bedeutet, ist leicht erkennbar, wenn
man sich daran erinnert, dafs der Artillerist die

Oder der Leser wird an die schon von Essen-
wein publizierte eiserneHakenbüchseFig.e,Taf.B,I
seiner „Quellen“ denken, diese von Sixl in dieser
Zeitschrift, II. Bd., S. 166, Fig. 65 und hier in Fig. C
wiederholt: ein meinem obigen verwandtes Eisen-
rohr, dessen eingeschweifster Eisengriff aber nicht
gerade, sondern schlangenartig ausgeschmiedet
ist. Essenwein hat dies Rohr zwischen 1400 und
1420 gesetzt, doch ist meines Erachtens diese
Datierung eine etwas zu frühe und dürfte das


Fig. 2.
Eiserner Doppelhaken mit eisernem Schwanz, aus der Bodenseegegend (Koll. Forrer).
Von der Seite und von oben.

rückwärts zur Erde führenden Teile der Kanonen-
lafette den Schwanz der Lafette nennt. Jene
eisernen Schwänze sind also leicht erkennbar als
eiserne Griffe, welche an eiserne wie bronzene
Doppelhakenrohre rückwärts angeschmiedet
waren, d. h. sie fallen in den Rahmen der in
dieser Zeitschrift schon oft zitierten Stangen-
büchsen, bilden aber innerhalb dieser eine be-
sondere Gattung. Welches sind nun die Originale,
welche man mit jenem Namen belegt haben kann?

Rohr dem eben zitierten zeitlich näher liegen,
d. h. frühestens zwischen 1460 und 1480 fallen.
Jedenfalls aber liegt hier der „eiserne Schwanz'1
schon fix und fertig vor. Indessen ist mir irgend
ein zweites Stück dieser Art nicht bekannt, und die
schlangenartig gewellte Stange macht ganz den
Eindruck, als wäre sie eine vereinzelte Erscheinung
gewesen und geblieben.
Voll und ganz scheint mir aber die Bezeich-
nung „Doppelhaken mit eisernem Schwanz“


Unsere Leser werden zuerst an die Eisen-
büchsen mit Eisengriff denken, welche Sixl in
dieser Zeitschrift unter Fig. 71 auf S. 318 des
II. Bandes aus dem Museum von Luxemburg
veröffentlicht hat, und an meine gleichartige Nr. 26
des Strafsburger Waffenausstellungskataloges, re-
produziert als Fig. 4 auf S. 26 der Thierbach-
Festschrift „Beiträge zur Geschichte der Hand-
feuerwaffen“ (darnach hier die Fig. 3 wiederholt):
Feuerrohre der Zeit um 1480, in deren hinteres
Ende eine Eisenstange mit ovalem Ring als Griff
ein geschweifst worden ist.

zutreffend für das ganz feldmäfsig gearbeitete
Eisenrohr Fig. z, welches ich hier zum ersten Mal
veröffentliche und mit einigen anderen Rohren
kürzlich aus dem Bodenseegebiet des Vorarl-
berg erworben habe. Das Rohr ist von vorn
bis hinten rund, verbreitert sich äufserlich leicht
an der Mündung und nach hintenundträgtkräftigen
Haken. Die Seele ist sorgfältig gebohrt und zeigt
ein Kaliber von 2,2 cm. Zwei mit dem Meifsel
eingeschlagene Doppellinien, die den hinteren Leib
umziehen, bilden den ganzen Schmuck. Sonst ist
das Rohr durchaus einfach, glatt, ganz nur für
 
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