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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0099

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weilmachtsbüchcrschau.

Hrimwrg. von Hugo-Vogel.

WeihnachtDücherschau.

ii.»)

Mit Menzel und Lenbach können wir umso eher ein neues
Blatt unserer Weihnachtsrevue beginnen, als mit jedem von ihnen
auch ein neues Kapitel unserer Kunstgeschichte anfängt. Nachdem
der erstere Meister nunmehr achtzig Jahre alt wird, gesteht das
bei Menzel heute wohl jeder zu, der viel jüngere Lenbach aber
wird wohl noch einige Zeit zu warten haben, his man allgemein
zugiebt, daß sein Auftreten in unserer Porträtmalerei eine ganz
neue Periode einleitete. Dennoch wird man bei Betrachtung der
uns hier vorliegenden „Neuen Folge" seiner „Zeitgenössischen
Bildnisse" (München, Verlagsanstalt Bruckmann, gebd. 100 M.
in Drucken vor der Schrift 175 M.) gestehen, daß wir erstens
überbaupt keinen zweiten Maler haben, der die Individualität der
verschiedensten Charaktere mit so viel Geist und Verständnis
wiederzugeben vermag. Zweitens, daß vollends kein anderer die
Alten so ausschließlich studiert hat und dabei doch so selbständig
geblieben ist. Wie kommt es nun, daß ihm das möglich war,
was sonst allen anderen Nachahmern mißlang? Ich glaube
aus demselben Grund, aus welchem ihm allein die Wiedergabe
so vieler unbedingt genialer Naturen gelang! weil er selber einen
überlegenen Geist besitzt, also den anderer, sowohl großer Vor-
gänger als Zeitgenossen besser versteht, als alle seine Konkurrenten.
Wenigstens von Stieler, Winterhalter, Magnus, Amerling,
Begas, Canon, die Ref. noch persönlich gekannt, darf man das
unbedingt behaupten. — Man braucht in unserer neuen Publi-
kation nur die Bildnisse von Bismarck, Rich. Wagner, Marcella
Sembrich zu betrachten, um sofort mit sich ins klare zu kommen,
daß man so nur jemand darstellen kann, dessen Natur man ganz
versteht. Wie Lenbach dann die Alten benützt, sieht man am
besten im reizenden Bildnis seines eigenen Töchterchens, das ganz
gut Velasguez angehören könnte, wo er also auch beweist, daß er
die naive kindliche Unbefangenheit allenfalls einmal ebenso wieder-
zugeben versteht, als reflektierte und sogar hinterhältige Charaktere

stehe im vor. Hefte.

gleich dem des Papstes Leo XIII. Das beste der hier vorliegenden
Bilder ist indes weder dasBismarcks, noch das des Papstes oder gar
des verzweiflungsvoll den Takt schlagenden Hans von Bülow,
sondern daS des Prinzregentcn Luitpold von Bapern, ein Meister-
stück nach jeder Seite, selbst der der Hände hin. Das spricht
aber doch dafür, daß ihm die bayerischen Landsleute am ver-
ständlichsten seien. Bekanntlich hat man in neuerer Zeit sehr oft
behauptet, daß Lenbach zurückgehe. Das kommt aber doch offen-
bar nur davon, daß er in seinen Arbeiten allerdings sehr ungleich
ist, immer aber wird man sagen müssen, daß seine guten in der
Vereinigung scharfer Erfassung des Individuellen mit vollendeter
Freiheit der Behandlung heute nirgends ihresgleichen finden.
Denn daß man niemals die Mühe sieht, die es den Meister ge-
kostet, die Sachen so gut zu machen, das ist für ihn charakteristischer
als für alle seine Nebenbuhler. Das gilt bisweilen, wenn auch
seltener, selbst von seinen Damenporträts, wie denn die an-
scheinend bloß hinskizzierte Marcella Sembrich die Künstlerin
keinen Augenblick verleugnet. Die technische Wiedergabe all dieser
Bildnisse ist überdies ein wahrer Triumph der Photographie und
mußte allein schon eine neue Periode auch in den vervielfältigenden
Künsten heraufführen.

Wenn wir nunmehr zum Altmeister Menzel übergehen, so
beginnen wir billig mit dem Ergänzungsbande zur großen 1885
erschienenen Ausgabe seiner Werke, der unter dem Titel „Das
Werk Adolph Menzels 1885—95" (München, Verlagsanstalt
Bruckmann. In Mappe 75 M.) erscheinend, die bedeutendsten
Arbeiten des unermüdlich fortschaffenden Künstlers seit dieser
Zeit enthält. Man wird da kaum einen Unterschied von den
früheren finden, außer etwa den, daß er in den zahlreichen Voll-
bildern, die meist in Gouache ausgeführt sind, sich den An-
forderungen dieser besonders zum pikant Skizzieren geeigneten
Technik unbedingt unterordnet. So findet man da die Bilder
 
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