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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 1
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Biermann, Georg: Oskar Kokoschka
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0052

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und Maler beim schöpferischen Durchbruch. Bald ist die Welt wieder offen. Reisen,
nichts als reisen. Der alte Corinth erklimmt in diesen Jahren die Höhe seines schöpfe-
rischen Werkes und erlebt die Gnade des Schauens. Kokoschka erfährt vielleicht durch
ihn —■ wir wissen es nicht —- die Befreiung von Hemmungen, die ein Jahrzehnt
schwer seinen malerischen Drang belastet haben. Die Fahrt geht nach Süden, nach
Frankreich, Spanien, Italien und später nach England, dessen Städte er, wie bisher kein
anderer malerisch erlebt hat. Dann nach Afrika, hinein in die heiße Sonne und das
exotische Leben.
Dies ist das große Wunder: Das Grüblerische einer mit sich und der Welt oftmals
schwer zerfallenen Natur wird schließlich unbedingte Bejahung gegenüber dem Leben.
Kokoschkas Auge gewinnt die alte Klarheit zurück, der Klang der Farben ist von neuem
geweckt, entfesselt, Musik geworden und geht wie ein nicht alltäglicher Rausch über
die Leinwand. Diese Landschaften sind wieder wie der »Dent du midi« Visionen, Ge-
sichte, die über der Zeit stehen, Erlebnisse eines imaginären Sehens, das die Bereiche
des Ewigen berührt. Die Bilder von Paris, Lyon, Toledo, Venedig, aus der Wüste, und
zwischen hinein jene letzten Porträts, die in ihrer suggestiven Kraft den Bildnissen
aus dem ersten Jahrzehnt so nahe verwandt sind, das ist die letzte Epoche des Ko-
koschkaschen Werkes, um die es heute vor allem geht. Die schöpferische Kraft weist
aufwärts. Sie hat — wie es scheint — augenblicklich nur den malerischen Ehrgeiz^
auch die Graphik, die im Werk dieses Künstlers nicht übersehen werden darf, weil sie
so sehr dem Dichterischen verbunden ist, verblaßt im Gegenüber dieser letzten Epoche.
(In erweiterter Form ist der Beitrag soeben als Bd. J2 der Serie »Junge Kunst« erschienen.)


Oskar Kokoschka Der Mandrill. 1926
Mit Genehmigung von Paul Cassirer, Berlin

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