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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Sonderheft Kunstliteratur
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Kunstgewerbe
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Handzeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0792

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Handzeichnungen

begründen geholfen und die ihr seither zur Seite
gestanden sind. Damit wird das Buch gleichzeitig
zu einem goldenen Buch österreichischer Kunst,
sind es doch einige der bedeutendsten Künstler-
persönlichkeiten, die Österreich sein eigen nannte,
die bei der Werkstatt Pate gestanden und an ihrem
Schaffen tätigen Anteil genommen haben. Kolo
Moser und der universell gerichtete Josef Hoff-
mann, auch heute noch festeste künstlerische Stütze
des Unternehmens, die Gründer. Unter den Mit-
arbeitern Klimt (Mosaiken des Stocklethauses) und
D. Peche, der genialste Inspirator modernen Kunst-
gewerbes, dem die Wiener Werkstätte zum großen
Teil Regeneration und zweite Hochblüte um das
Ende des vorigen und zu Beginn dieses Jahrzehn-
tes dankt. Wie denn auch seine wundersam zar-
ten Phantasieschöpfungen im wesentlichen dazu
beigetragen haben, die Art der Wiener Werkstätte,
die in der Stadt am Donaukanal seit jeher nur ein
isoliertes Dasein führte, im Ausland volkstümlich
zu machen.
Dem Zweck des Buches (dem eine Reihe von Auf-
sätzen über die Werkstatt von P. Behrens, J. Iloff-
mann, Le Corbusier, B. Zuckerkandl beigegeben
sind) als Propagandaschrift ist auch die von Math.
Flögel besorgte Ausstattung angepaßt. Der Einband
in effektvoller zweifarbiger Reliefpressung— terra-
kotta und schwarz — von G. Baudisch und Vally
Wieselthier entworfen, die sich auch hier als Kera-
mikerinl (man denkt unwillkürlich an übereinander -
gelegte reliefierte Ofenkacheln) zu erkennen gibt.
Die Abbildungen zwischen verschiedenartige far-
bige Flächenteilungen gesetzt, die abwechselnd in
schwarz, rot, gold und silber gehalten sind. Die
Schrift bald als dekorativer Rahmen, bald alsOrna-
mentband verwendet, bald teppichartig über die
Fläche gebreitet.
An der Auswahl der reproduzierten Gegenstände,
die bisweilen durchaus nicht charakteristisch für
die Werkstatt, auch nicht immer ästhetisch erfreu-
lich sind, an der Auswahl und Einordnung der
Faksimile, der Schriftführung läßt sich freilich
manches aussetzen. Doch ist das Buch auch so, wie
es ist, geeignet, von der Bedeutung der Wiener
Werkstätte und ihrer Rolle im künstlerischen Le-
ben Mitteleuropas Zeugnis zu geben — und damit
ist schließlich auch seine Absicht erfüllt.
Poglayen-Neuwall
*
HERMANN VOSS: ZEICHNUNGEN DER ITA-
LIENISCHEN SPÄTRENAISSANCE. München,
Delphinverlag. 1928.
Seinem inhaltsreichen Buche über die Malerei der
italienischen Spätrenaissance läßt nun Hermann
Voss einen schmalen Band über die Zeichenkunst
dieser Epoche folgen. Aus dem großen Material
der Handzeichnungen gerade dieser Zeit hat er mit
kundiger Hand etwa fünfzig Blätter ausgewählt.
Sie repräsentieren nicht nur die geläufigen und

gut bekannten Künstler, sondern vielfach auch bis-
her gänzlich übersehene. Der Wert des Bandes
wird dadurch erhöht; nicht weniger durch den kur-
zen Begleittext, der den Begriff des »Klassischen«
absteckt und die Bedeutung Michelangelos, Ra-
phaels und Correggios für die Zeichenkunst der
Spätrenaissance abwägt. Die historische Einheit des
Cinquecento wird dadurch in die Stilphasen der
Hochrenaissance und Spätrenaissance zerlegt, aus
dem Stilunterschied werden die charakteristischen
Elemente spätrenaissancistischer Bildvorstellung
eindeutig festgelegt. Eine kurze Skizzierung der
Künstlerviten — unter ihnen Barocci, Bronzino,
Cesari, Ligozzi, Muziano, Naldini, Parmigianino,
Pontormo, Giulio Romano, Rosso, Salviati, Yasari,
Zuccari — und ihrer Kunstweise schließt sich an.
Desgleichen ein katalogartiges Verzeichnis der Ab-
bildungen. Die Deutung einiger Zeichnungen scheint
mir nicht genügend begründet zu sein. Die lie-
gende Figur von Barocci (Tafel 18) ist offenbar
eine Studie im Gegensinn zur Maria auf dem i56g
vollendeten Altarbild mit der Kreuzabnahme im
Dom zu Perugia. Ebenso läßt die kniende Maria
von Barocci (Tafel 20), die Voss für eine Studie
zur Anbetung des Kindes im Prado hält, wegen der
Quadrierung des Blattes auf eine andere Kompo-
sition schließen. Endlich ist der heilige Eremit von
Muziano (Tafel 2 4) wohl eine Studie zum heiligen
Hieronymus der Predigtdarstellung in S. Maria
degli Angeli in Rom.
Die Ausstattung des Bandes und die Reproduktion
der Blätter schließt sich den früher erschienenen
Bänden der Reihe ebenbürtig an. Scharf
BESCHREIBENDER KATALOG DER HAND-
ZEICHNUNGEN IN DER GRAPHISCHEN
SAMMLUNG ALBERTINA. Band II: Die
Zeichnungen der Niederländischen
Schulen des i5. und 16. Jahrhunderts. Bear-
beitet von Otto Biene sch. Mit 478 Abbildun-
gen sämtlicher Handzeichnungen. Ant. Schroll,
Wien 1928.
Die Wiener Albertina beginnt mit diesem zweiten
Bande die Veröffentlichung ihrer überaus reichen
Bestände niederländischer Zeichnungen. Eine Ver-
besserung gegenüber dem ersten Bande, mit dem
die Publikation der italienischen Schulen ein-
setzte, liegt in der Wahl von Lichtdrucken an Stelle
von Autotypien und in einem ausführlicheren Text
zu den einzelnen Nummern des Kataloges, den der
verdienstvolle Benesch sachkundig in mühevoller
Sichtung neu aufgestellt und mit einer einleiten-
den Übersicht des 16. Jahrhunderts versehen hat.
Obwohl somit die Leistung, besonders auch noch
dadurch, daß sämtliche Zeichnungen reproduziert
wurden, hoch zu veranschlagen und den vielen
großen in- und ausländischen Kabinetten, die lei-
der immer noch zurückstchen, als dringend nach-
ahmenswert zu empfehlen ist, können prinzipielle
und sachliche Einwände nicht unterdrückt wer-

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