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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 13
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0427

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Mittelrheinisch, Ende 15. Jahrh. Tympanonfüllung »Geburt Christi«
Aus der Versteigerung von altem Kunstgewerbe und alten Gemälden am 11./12. Juli
bei Hugo Helbing, München
SAMMLER UND MARKT

DIE VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG
FUJITA VON OTTO KÜMMEL
Das Haus der Fujita in Osaka gehört zu den Fa-
milien von Nouveaux Riehes, die das moderne Ja-
pan, sehr im Gegensätze zu dem höchst unkapitali-
stischen Japan der vor 60 Jahren zerstobenen Feu-
dalzeit, durch Verleihung der Peerswürde mit dem
alten Hof- und Schwertadel, dem neuen Verdienst-
adel gleichzustellen versuchte. Die Würde eines
Barons — im englischen, beileibe nicht im deut-
schen Sinne — wird von den Fujita erst seit 20
Jahren und, soviel ich weiß, erst in der zweiten
Generation getragen. Sie ruht auf dem sehr ma-
teriellen Grunde von Kupferminen, Eisenbahn-
aktien, städtischem Grundbesitz und, sehr wahr-
scheinlich, gelegentlicher Hilfsbereitschaft für dar-
bende Regierungen. Einen etwas weniger materiel-
len Glanz warf auf sie die besonders eifrige Erfül-
lung der Sammlerpflicht, die nach japanischer An-
schauung sehr vieles, sogar ungewöhnlichen Reich-
tum entschuldigt. Die Sammlungen der Fujita sind
nicht wesentlich älter als ihr Adel, aber vermutlich
umfangreicher als irgendeine alte oder neue Samm-
lung dieses Sammlerlandes. Schon 1907, als ich
mit Ernst Grosse und Charles Freer zusammen
einen kleinen Ausschnitt aus dem Besitze der Fu-
jita sah, reichten mehrere, wenn ich nicht irre

sechs, der stattlichen Speicher, in denen der Japa-
ner den Kunstbesitz seines feuergefährlichen Hau-
ses zu sichern pflegt, kaum aus, um die tausende
von Rollbildern und Teegeräten aufzunehmen. In
weiteren 20 Jahren haben sich die Sammlungen
unablässig vermehrt. Einen sonderlich gewählten
Eindruck machten freilich die uns gezeigten, an-
geblich kostbarsten Werke nicht, und die japani-
schen Kenner pflegten mit höflichem Lächeln einer
Auseinandersetzung über den wahren Wert der
Fujitasehen Schätze auszuweichen. Der Kenner-
schaft ihres Besitzers stellte die Sammlung sicher-
lich nicht das beste Zeugnis aus. Sein Ehrgeiz aber,
der bei den zahlreichen Versteigerungen der letzten
Jahrzehnte rücksichtslos den berühmtesten Stücken
auf den Leib rückte und für sie beinahe sports-
mäßig Rekorde brach, hat aber fast automatisch
sehr viel des künstlerisch wertvollsten in die
Scheuer gebracht. Auch nach Aussonderung der
sehr reichlichen Spreu bleibt so viel Weizen zu-
rück, daß die Sammlung Fujita ihren Ruf als eine
der bedeutendsten Japans zweifellos verdient.
Was den jetzigen Besitzer, meines Wissens den
Sohn des Stammherrn Denzaburö, zu einer Ver-
steigerung veranlaßt hat, ist mir unbekannt. Sind
es noch die Nachwehen der großen Krisis von
1927, die gerade in Osaka und Umgebung zahl-

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