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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 23
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Wilm, Hubert: Die neuen Räume im Münchner Residenz-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0710

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Residenz-Museum, München

Antiquarium

DIE NEUEN RÄUME IM MÜNCHNER
RESIDENZ-MUSEUM VON HUBERT WILM

Im Münchner Residenzmuseum sind am i. Okto-
ber, am zehnten Jahrestag seiner Gründung, zahl-
reiche neue Räume dem öffentlichen Besuch frei-
gegeben worden. Für die Stadt München war es
eine glückliche Fügung, daß der bayrische Land-
tag vor zehn Jahren den Beschluß faßte, die ehe-
malige königliche Residenz, entgegen manchen
anderen Plänen, zum Museum zu bestimmen. Un-
ersetzliches wäre zerstört worden, hätte man die
kostbar eingerichteten Bäume einer profanen Be-
stimmung zugeführt, hätte man die wundervolle
künstlerische Einheit dieser einzigartigen Inte-
rieurs angetastet. Seit Mitte Mai des Jahres 1920
ist ein Teil, etwa der dritte Teil des mächtigen
Museums der öffentlichen Besichtigung freigege-
ben, und nach kurzer Zeit schon igenoß diese
Münchner Sehenswürdigkeit einen Weltruf, der
dem Ansehen der anderen großen Münchner
Kunstsammlungen in nichts nachsteht. Jahre sind
seitdem verflossen. In unermüdlicher Arbeit sind
inzwischen die unermeßlichen, von den Wittels-
lachern im Verlauf der Jahrhunderte angesam-
melten Kunstschätze gesichtet und hergerichtet
worden. Heute ist es soweit, daß der zweite Teil
des Museums, ein weiteres Drittel seines ganzen
Umfangs, eröffnet werden kann.
Ohne Zweifel übertrifft der jetzt zugängliche
zweite Teil der Sammlung den ersten noch an
Kostbarkeit des Inhalts, an interessanten Einblik-
ken in die baugeschichtliche Entwicklung der Re-

sidenz, in die Raum- und Wohnungskunst verflos-
sener Jahrhunderte.
Die lange, genußreiche Wanderung durch den jetzt
neugeschaffenen Bundgang B beginnt in der vor
kurzem ein gerich teten bau geschichtlichen
Abteilung, die in einem Trakt von vier Zim-
mern untergebracht ist. Hier sind in übersicht-
licher Anordnung zahlreiche Beiträge zur Erfor-
schung der Baugeschichte der Residenz aufgestellt,
Modelle, Pläne, gezeichnete, gestochene, gemalte
Ansichten des riesigen Bauwerks. Reizvoll ist hier
das Modell der Ausgrabungen, das die ursprüng-
lichen Grundmauern bis zurück ins 14. Jahrhun-
dert zeigt, das große Modell der Residenz von Cu-
villies, die Reihe von Gemälden Quaglios aus der
Neuen Pinakothek. Über die Königinmuttertreppe
gelangt man in den Goldenen Saal, der neuer-
dings mit zwei großen Brüsseler Wandteppichen
aus der Zeit um i54o ausgestattet worden ist.
Einer dieser Teppiche gehört zu der berühmten
Paulusfolge. Die hier anschließenden Staatsrat-
zimmer, ein Vorzimmer, ein Empfangszimmer
und ein Sitzungssaal, sind unter König Max I. um
1810 eingerichtet worden. Die Wände zeigen Sei-
denbespannung mit Palmettenmustern, das zum
Teil in München gearbeitete Mobiliar stammt aus
der Erbauungszeit. Die Wanderung geht weiter
durch die Wohnung des Kurfürsten Maximilian I.,
die prunkvollen Steinzimmer, die mit ihren Dek-
kengemälden, der reichen Verwendung von Mar-

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