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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 15
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0469

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Francesco Guardi Venezianische Vedute
Ausstellung alter Kunst im Amsterdamer Rijksmuseum / Bes.: D. A. Hoogendijk & Co., Amsterdam
RUNDSCHAU

DIE BILDNIS-SAMMLUNG DER NATIONAL-
GALERIE
Die vor anderthalb Jahrzehnten mehr zur Ent-
lastung des Museums der neueren Kunst gesondert
in der Schinkelschen Bauakademie untergebrachte
Bildnis-Sammlung war bisher eine ziemlich unge-
nießbare, durch das Überwiegen preußischer Re-
präsentationsstücke und Ordensporträts fataleSache.
Nun wird eine weislich revidierte und nach kultur-
geschichtlichen Gesichtspunkten neugruppierte
Schau der Öffentlichkeit übergeben, die von diesem
Institut in der alten Form kaum Notiz genommen
hat. Berlin ist um eine ansehnliche Sammlung
reicher, die bei allgemeinerem Interesse auch nicht
länger Stiefkind der Behörden sein und weiteren
Ausbaus fähig werden wird. Es ist gar nicht ein-
zusehen, warum das kostbare und ausgezeichnet
gelegene Schinkelhaus, heute zum größten Teil
Logis irgendwelcher Ämter, nicht einmal ganz
dieser Bestimmung dienen soll.
So, wie sich die Bildnis-Sammlung jetzt gibt, ver-
eint sie die Köpfe wesentlicher deutscher Persön-
lichkeiten aller Leistungsgebiete von der Wissen-
schaft bis zur Bühne, von der Politik bis zur
Literatur. Nur ein Empfangsraum läßt noch die
großen Uniformen auftreten, dann blicken die Ant-
litze des geistigen Deutschland, hier die der For-
schung, dort der Kunst, hier der Romantik, dort
des Frühklassizismus entgegen, in recht vielen
T allen doch von bester Hand gemalt oder geformt.
Das physiognomische, das kulturhistorische Inter-
esse sollen freilich an dieser Stelle vor allem be-
friedigt werden. Immerhin bestehen Bildnisse wie
der Beethoven von Anton Dietrich, der A. v. Hum-

boldt vonWeitsch, die Taglioni von Winterhalter,
die Dorothea Schlegel von Graff, der Gluck von
Houdon (Abguß), der Wieland von Schadow, der
Moses Mendelssohn von Tassaert, der Olivier von
Schnorr v. Carolsfeld oder die Selbstbildnisse der
G. F. Schmidt, Weitsch, Therbusch und viele sonst
auch eigentlich künstlerische Ansprüche. Hans
Mackowsky, der einen von Bild zu Bild geleiten-
den und überall die Persönlichkeits-Bedeutung
trefflich zeichnenden Führer verfaßt hat, ist diese
fruchtbare und zukunftsvolle Neuordnung vor
allem zu danken. Wolfradt
BERLIN
Eine bedeutende Zeichnung des Giovanni Battista
Tiepolo wurde von Geheimrat Friedländer für
das Kupferstich-Kabinett der Berliner Museen
erworben. Es ist ein Frauenkopf, den der große
venezianische Meister der Spätblüte für dasjenige
seiner Hauptwerke verwendet hat, das heute im
Kaiser-Friedrich-Museum hängt: die grausame Mar-
ter der hl. Agathe, der von einem Henker die Brüste
abgeschnitten werden. Die neuerworbene Zeichnung
zeigt den verzückten Kopf der hl. Frau in Rötel
auf blauem Papier, mit weißen Lichtern. Geheim-
rat Friedländer, der gerade die Sammlung der
Tiepolo-Zeichnungen in Berlin besonders glücklich
vergrößern konnte, erwarb ferner aus den Mitteln
des Fonds, der ihm zum 60. Geburtstage gestiftet
wurde, eine geistreiche Federzeichnung des Meisters.
Die Darstellung ist schwer zu deuten: zwei Engel
schweben auf Wolken über einem Mönch, der
schlafend an der Erde liegt. r.

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