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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 22
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Neugass, Fritz; De Chirico, Giorgio [Gefeierte Pers.]: Giorgio de Chirico
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0677

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Giorgio de Chirico Abend. 1913
Coli. Paul Guillaume

GIORGIO DE CHIRICO

VON FRITZ NEUGASS

Ein Vorkämpfer der neuen Kunst, ein romantischer Lyriker, ein Phantast, ein uner-
schöpflicher Erfinder, dabei voll innerer Widersprüche und Paradoxie, das ist die Ge-
stalt Cliiricos.
Er wurde 1888 in Griechenland von italienischen Eltern geboren, verließ mit 1 6 Jahren
seine Heimat, um als Achtzehnjähriger in München die erste Ausdeutung der antiken
Plastik zu erfahren. Die deutsche Philosophie eines Schopenhauer und Nietzsche be-
schäftigten ihn und die idealistische Strömung eines Böcklin und Klinger zogen ihn
gewaltig an, während er die Malerei von Marees für unecht hielt. Soweit seine Be-
rührung mit Deutschland. In Frankreich hat er viel tiefere Beziehungen geknüpft
und wurde dort in der Geburtsstunde der neuen Kunst — den Jahren 1911-—-1914 —■
ein entscheidender Faktor auf dem Wege vom Kubismus zur abstrakten Malerei. Ge-
meinsam mit Apollinaire, Raynal, Picasso und Severini verließ er die alte Tradition,
um neue geistige Probleme durch die Kunst zu lösen.
\ on der passiven Unterwerfung der Natur — dem Naturalismus und Impressionis-
mus — gelangte er zu einer neuen Kunst voll von eigenen schöpferischen Formen.
Inneres Erleben ersetzte die Naturerscheinung. An Stelle des Naturausschnittes erfand
er eine neue Bildkonstruktion, die aus eigenen Gesetzen und in sich selbst verwurzelt
auf gebaut wird.
Schon in den frühesten Werken Chiricos kommt seine eigenartige Persönlichkeit zum
Ausdruck. 1904 geht er nach Italien und wird dort von den kühnen Perspektiven der
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