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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 17
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Scharf, Alfred: Ein Frauenbildnis des Pompeo Batoni
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0518

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EIN FRAUENBILDNIS DES POMPEO BATONI
VON ALFRED SCHARF
Batoni, Maler graziöser Kompositionen, sentimentaler mythologischer und biblischer
Darstellungen und süßlicher Madonnen, war, wie noch allzuwenig bekannt ist, wohl
der gefeiertste Porträtist seiner Zeit. Seine Kunst, immer zwischen barocken und
klassizistischen Tendenzen schwankend, hat gerade auf diesem Gebiet die besten
Leistungen aufzuweisen. Schon ziemlich bejahrt begann er, der seine künstlerische
Laufbahn als Miniaturist angefangen hat und Monumentalmaler wurde, ohne ein
Fresko wie fast alle anderen bedeutenden römischen Maler hinterlassen zu haben, sich
der Bildnismalerei zuzuwenden. Bald war er in Rom der internationale Porträtist, der
fast alle Fürsten und gekrönten Häupter, die diese Stadt besuchten, abkonterfeit hat. Es
gibt Bildnisse seiner Hand von dem russischen Großfürsten Paul und seiner Gemahlin, von
Herzog Wilhelm Ferdinand von Braunschweig und seiner Gattin, vom Kurfürsten Karl
Theodor von Bayern, das Doppelbildnis Josephs II. von Österreich und seines Bruders
Leopold, endlich Bildnisse englischer und italienischer Aristokraten. Weibliche Bild-
nisse sind selten. Eine um so bessere Vorstellung seiner Kunst läßt sich aus dem hier
farbig wiedergegebenen weiblichen Bildnis der Marchesa Brignole, der Gattin des
letzten Dogen von Genua, gewinnen. Aus dem Besitz des Herzogs von Parma ist es
vor einiger Zeit in den englischen, danach in den deutschen Kunsthandel gelangt. In
großer Aufmachung und etwas befangener Haltung sitzt die Dargestellte an einem
Tischchen, ihren Blick auf den Beschauer gerichtet. Der steifen Attitüde entsprechen
die starken, hart aneinander gesetzten, aber kühlen Farben. Hellblau und Hellrot ver-
leihen dem Bild heiter festlichen Charakter. Kunstgeschichtlich bedeutungsvoll wird
das Gemälde vor allem durch die ausführliche, am Tische rechts unten angebrachte
Signatur und Datierung: Pompeo de Batoni pinxit Romae A. D : 1786. Da Batoni be-
reits 1787 starb, muß das Bild als eines seiner letzten Werke entstanden sein. Es zeugt
von hoher künstlerischer Reife und Noblesse. Eng sind seine stilistischen Beziehungen
zu den offiziellen Bildnissen der französischen Maler wie Rigaud, Largilliere, Nattier
und Boucher, die als Vorgänger dieses internationalen repräsentativen Bildnistyps gelten
können. Eng verbunden sind ihm die schon ins Klassizistische führenden Bildnisse von
Anton Pvaphael Mengs, geistig verwandt die Porträts von Gainsborough und von ihm ab-
hängig — cum grano salis — die Bildniskunst in den Frühwerken Goyas. Unschwer
läßt sich das Bildnis der Marquesa Brignole, einer Enkelin jener von van Dyck wäh-
rend seines Genueser Aufenthalts mehrfach gemalten Brignole, innerhalb der Bildnis-
malerei des 18. Jahrhunderts wegen seiner kühlen, vornehm sachlichen Art unter die
Vorläufer des Klassizismus einreihen. Das repräsentative Bildnis des Barock, von Ma-
ratta und Baciccio geprägt, hat durch Batoni eine mehr klassizistische Variante ge-
funden.

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