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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Waldmann, Emil: Italienisches Rokoko in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0644

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Francesco Guardi Szene aus der Tobiaslegende
Von der Orgelbrüstung in San Arcangelo Raffaello in Venedig
ITALIENISCHES ROKOKO IN VENEDIG
VON EMIL WALD MANN
Diese Ausstellung, eine Art Fortsetzung der vor sieben Jahren in Florenz veranstalteten
Barockausstellung, mit sicherstem Instinkt für die besten Dinge zusammengestellt und
mit feinstem Geschmack aufgebaut, ist nicht nur sehr schön, sondern auch sehr lehr-
reich. Zunächst lernt man, daß die italienische Kunst dieses Jahrhunderts, von einigen
großen Namen abgesehen, ziemlich unbekannt ist. Man kennt Tiepolo und Rosalba, etwas
Guardi, dann zufällig Magnasco:, man glaubt Canaletto und Belotto zu kennen. Aber wie
die Dinge sich wirklich verhalten, sieht man erst jetzt. Nicht nur, daß von den bekannten
Künstlern unbekannte und manchmal sehr wichtige Werke herbeigeholt wurden, sondern
die inneren Beziehungen der Künstler des 18. Jahrhunderts wurden aufgedeckt.
Während Venedig im Barockjahrhundert kaum eine Rolle spielt, reißt es im Settecento
die Führung an sich. Der Bolognese Crespi wird wichtig, z. B. für den in diesem Jahre
etwas überschätzten Piazetta, der sogar mit Rembrandt (in Italien) verglichen wird,
aber doch wohl, wenn verglichen werden soll, etwas wie ein farbig durchsonnter Ribera
gewesen ist. Wieviel der aus Piacenza stammende Pannini, von dem eins der besten
Bilder das Museum in Hannover besitzt, sowohl den Canales und Guardi, als auch Ma-
rieschi gegeben hat, wird plötzlich Problem, ebenso bei Magnasco, dem in Genua ge-
borenen Mailänder. Der sieht auf einmal aus wie Goya, und es ist immerhin möglich,
daß seine flackerige Malweise von Francesco Guardi, dem Figurenmaler Guardi, geerbt
wurde. Denn wenn Guardi Figuren malte, ist er nicht immer so beruhigt wie in den
beiden großen Leinwänden vom »Besuch im Nonnenkloster« und von der »Spielbank«
(Museo Correr), sondern in den sieben Bildern aus der Tobiasgeschichte arbeitet er im
Furioso, mit illusionistischer Technik und in maniera grande. Diese Bilder, vor einigen
Jahren von Fiocco entdeckt, d. h. für Guardi in Anspruch genommen, ließen früher,
an Ort und Stelle an der Orgelbrüstung der hinter San Sebastiano gelegenen Kirche San
Arcangelo Raffaello, soweit man sie überhaupt jemals gut sehen konnte, an Schüler-
arbeit aus Magnascos Werkstatt, staffiert von Mitarbeitern Tiepolos, denken. Es sind
aber vollkommen eigenhändige Guardis und der kleine Saal, in dem sonst nichts ist als

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