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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Waldmann, Emil: Italienisches Rokoko in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0645

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diese Bilder, ist eine der großen, aber
sehr Schönen überraschungen der Aus-
stellung, neben dem Raum mit den
ausgezeichneten Fresken, mit denen
Gian Domenico Tiepolo, der Sohn des
Großen,die VillaTiepolo inZianigo de-
korierte und die nun ins Museo Correr
in einem eigenen Zimmer eingebaut
werden sollen. Auch von Giovanni
BattistaTiepolo ist ein Hauptstück aus
dem Dunkel der Kirche San Alvise ge-
holtworden: Die große Kreuztragung,
die man nie ordentlich sehen konnte.
Hier sieht man sie endlich. Sie ist fast
so schön wie die kleine Fassung (früher
SammlungSeeger,Berlin- jetztKunst-
halle Hamburg), aber ziemlich ver-
dorben und bedarf dringend der Kran-
kenheilung.
Natürlich sind alle bedeutenden und
interessanten Maler des Jahrhunderts
mit gut gewählten Kollektionen ver-
treten, die meisten in einem eigenen
Raum. Tiepolo und die Canales (etwas
Schöneres als die Varese-Landschaft
der Brera hat Belotto nie gemalt),
Guardi, nicht nur mit Landschaften, sondern glücklicherweise auch mit dem Konzert-
bild aus der Münchner Pinakothek sowie mit dunkelblauen Putten-Panneaux’, und
Magnasco haben ihren eigenen Saal für sich. Aber viel Licht fällt auch auf die
kleineren Leute, von denen wir so wenig wissen. Der ganz zum Venezianer gewordene
Zuccarelli aus Toskana hat sicher mit Guardi zu tun, mit jenen Orgelbildern. Aber
wie das Verhältnis zwischen ihnen eigentlich war, ist noch ebenso unklar, wie die Auf-
teilung der Werkstattbilder Tiepolos unter Giandomenico, Zugno und Chiaruttini. Man
müßte auch einmal ernstlich die Frage prüfen, ob nicht der Aufenthalt Antonio Canales
in London (1747 —1754) und der Zuccarellis die englische Landschaftsmalerei noch
nachhaltiger beeinflußt habe, als der oft berufene der Holländer, von denen die van
de Veldes ja auch in England lebten. Wer Pietro Longhi war und wer Alessandro
Longlü, ist auch noch nicht sicher. Der Bildnismaler Alessandro Longhi ist oft nicht
sehr gut, jedenfalls nicht besser als der Bergameske Gliislandi, dessen venezianisches
Männerporträt und der Erzherzog bei Poldi-Pezzoli weit über seinen vielen Werken im
Museum in Bergamo stehen (wenn hier nicht falsche Zuschreibungen vorliegen). Pietro
Longhis, des Genremalers bestes Bild ist, gegenüber den üblichen, bei weitem nicht an
Hogarth heranreichenden Sittenbildern, das berühmte Rhinozeros. Aber man weiß
nicht recht, ob es wirklich von ihm ist, eben weil es zu gut ist, und von Alessandro
Longhi, dem man es zuschrieb, kann es auch nicht sein. Soll man nicht Antonio Guardi
riskieren? Und sind Bilder, wie das Frauenbild der Galerie Corsini, die man bisher
Bonito nannte, nicht eher von dem sehr interessanten Caspare Traversi, der manchmal
an I erbruggen erinnert und der seine Leinwände mit Halbfiguren und Köpfen sehr
überfüllt? Das Konzertbild ist ihm wohl mit Recht zuveschrieben. Der Porträtmaler
O
Longhi steht manchmal dem Halbösterreicher Lampi nahe. —Kurz, wir wissen eigent-
 
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