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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 8
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Ben Gavriʾel, Mosheh Yaʿaḳov: Das Grab des Nikanor
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0257

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Abb. 1. Hauptgebäude der Universität auf dem Skopusberg, oberhalb
Jerusalem

DAS GRAB DES NIKANOR
VON M. Y. BEN-GAVRIEL (Jerusalem)
Die Jerusalemer Universität ist wolil eine der interessantesten Hochschulen der Welt.
Nicht allein deswegen, weil sie die einzige hebräische Universität ist, sondern auch im
Hinblick auf ihre einzigartige Uage. Nicht in der Stadt Jerusalem liegt sie, sondern
oben auf der Spitze des Har hazofim, jenes neben dem Olberg gelegenen Berges, der
einst das Feldlager des Titus trug, von wo aus er die Stadt berannte. Das Haupt-
gebäude und ein paar Nebengebäude in ansprechendem, sich der Landschaft anschmie-
gendem Stil gehalten, sind fertig, an dem mächtigen Haus der Bibliothek baut man
noch und an diesem und jenem Institut. Aber der Gesamteindruck ist, schon der
geographischen Situation wegen, überwältigend. Wilde Gärten, stille Höfe mit Blumen
und mit Steinen, von denen jeder ein paar tausend Jahre Geschichte hinter sich hat
und über allem die heiße, klare Luft unter der Sonne des Ostens in einer Gartenoase
auf einem Wüstenberg mit dem Blick auf die Kuppeln Jerusalems und auf die Ein-
öden der Wüste Juda bis zum Toten Meer und dem Jordan. Wäre aber dies alles
nicht, selbst dann wäre die Universität, rein äußerlich schon, interessant genug, denn
es gibt wohl kaum eine Hochschule, die in ihren Höfen Gräber hat, ganze Grabsysteme
von ungeheurem historischen Wert, Zeugen aus der Geschichte des Volkes, das mit
dem Bau seiner Universität bewußt an eine längst verschollen gewähnte Vergangen-
heit wieder anknüpft.
Das eine Grab, das Grab der Familie eines sonst unbekannten Mannes namens Amram
—• dieses Namens wegen wohl dem Priestergeschlecht zugehörig — der in der Zeit
vor der Zerstörung des Tempels durch Titus gelebt haben dürfte, wurde bei der An-
lage des Maschinenhauses entdeckt. Es wurde so gelassen, wie es gefunden wurde,
darüber aber wurde das Maschinenhaus —■ wohl das merkwürdigste Maschinenhaus
der Welt — aufgebaut. — Das Amram-Grab ist ein typisches jüdisches Schachtgrab,
zu dem man über eine Stiege gelangt. Ein kleiner Vorraum, von dem ein paar Schächte
abzweigen, in die man che Toten —• ohne Sarg, hie und da unter Beigabe einiger

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