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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 14
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0452

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SAMMLER UND MARKT

EIN PERSISCHER SEIDENTEPPICH
Der kleine Katalog, der von der Firma Margraf & Co.,
Abt. Antiquitäten, die ■— wie bekannt — von
den Herren Gustav Gramer, dem früheren Hof-
antiquar in Kassel, und Professor Dr. Hermann
Schmitz, dem früheren Kustos des Berliner Schloß-
museums, vorbildlich geleitet wird, jüngst heraus-
gegeben wurde, enthält auf S. 17 die Abbildung
eines Teppichs, als dessen Entstehungsort die tür-
kische Stadt Brussa angegeben wird. Der in drei
Bahnen gewebte, nicht geknüpfte, Seidentep-
pich enthält ein farbiges Samtmuster auf Silber-
grund, das aus zwei Medaillons innerhalb einer
konzentrischen Komposition aus Blüten, Rosetten,
Palmetten und lanzettf örmigen Blättern in teils sti-
lisierten, teils naturalistischen Bildungen besteht.
Analoge Formen zeigt die Ornamentik der Borte,
deren heller Silbergrund in harmonischem Kon-
trast zu dem warmen Grund des Teppichmusters
steht. Die Ornamentmotive und der Silbergrund,
die auch auf geknüpften persischen Teppichen zu
finden sind, deuten ebenfalls auf eine Entstehung
des Seidenteppichs in einer p er sischen Werk-
statt hin. Persische Teppiche mit Medaillons sind
sehr selten. Ein gutes Beispiel findet sich in der
Sammlung Bardini in Florenz. Der Zufall will es,
daß ein zweites Exemplar des hier besprochenen
Teppichs vor zwei Jahren vom Metropolitan Mu-
seum erworben und unter der richtigen Zuschrei-
bung im Bulletin, Oktober 1927, veröffentlicht
wurde. Beide Stücke sollen aus der Türkenbeute
der Schlacht bei Wien von i683 stammen. Sie sol-
len dem Kurfürsten von Sachsen als Teile der
Beute zugefallen sein und sind jetzt aus sächsi-
schem Besitz veräußert worden. Charakteristika der
ornamentalen De tails wie die Form der Blätter ma-
chen es wahrscheinlich, daß die beiden Stücke ans
Ende des 16. Jahrhunderts zu datieren sind, etwa
in die Zeit Abbas des Großen, der seine Residenz
nach Ispahan verlegte und dort auch Teppichwe-
bereien errichten ließ. In einer dieser Werkstätten
könnten diese beiden Seidenbrokatteppiche gewebt
worden sein. S.
D1E S AMMLUN G FIGD 0R
Der für den österreichischen Staat unrühmliche
Streit um die Sammlung Figdor hat durch Ver-
gleich sein Ende gefunden. Das Denkmalschutz-
gesetz, das die Ausfuhr von Kunstwerken verbot
und sich in erster Linie gegen die Sammlung Figdor
richtete, hat® nur dann einen Sinn, wenn es der
österreichischen Regierung eine Handhabe bot, die
Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen
zu können. Aber sowohl vor wie nach der An-
nahme des Gesetzes sind zahllosse Gelegenheiten
verpaßt worden, die Sammlung Figdor für den
österreichischen Staat zu gewinnen. Kein Wunder,
daß sich nach dem Ableben Dr. Albert Figdors,
die Erben zu einem Verkauf der Sammlung ent-

schlossen. Es ist hier nicht die Stelle, zu unter-
suchen, wen die Schuld trifft, eine Schenkung der
Sammlung Figdor an den österreichischen Staat,
später einen Verkauf verhindert zu haben. Als
man sich nicht mehr zu helfen wußte, erließ man
die »Lex Figdor«, stellte die Sammlung unter
Denkmalsschutz und verhinderte ihre Ausfuhr.
Nach dem langen Hin und Her der Prozesse und
Verhandlungen war der Verkauf der Sammlung
an die Berliner Kunsthändler Nebehay und Heil-
bronner ein kluger Schachzug der Figdorschen
Erben, der Frau des Bürgermeisters von Heidel-
berg und ihres Gatten, der jetzige Vergleich die
einzig mögliche glückliche Lösung. Sie hat dazu
geführt, daß ein Teil der Sammlung, der ein an-
schauliches Bild ihres bisherigen Bestandes bietet,
nicht nur Wien erhalten, sondern dem österreichi-
schen Staate als Geschenk überlassen wird.
Pflicht der österreichischen Kunstverwaltung ist es
selbstverständlich, dafür zu sorgen, daß die ge-
schenkten Kunstwerke möglichst ungeteilt alsFigdor-
Sammlung — analog der Berliner Sammlung
Simon -— zusammenbleiben und dauernd öffent-
lich zugänglich gemacht werden. Zu den dem
österreichischen Staate zufallenden Werken ge-
hören die gotischen Möbel österreichischer Her-
kunft, die österreichischen Gemälde und Skulp-
turen, die gotischen Glasfenster, keramische Ar-
beiten, Instrumente und Werkzeuge aus Österreich.
Dazu kommen die Viennensien mit ihrer umfang-
reichen Miniaturensammlung, die voraussichtlich
an die Wiener städtischen Sammlungen fallen wer-
den. Insgesamt sollen von der etwa 4000 — 5ooo
Gegenstände umfassenden Sammlung etwa i4oo
Objekte in Österreich A^erbleiben. Dagegen wird
der übrige Teil der Sammlung durch mehrere Ver-
steigerungen, die Ereignisse höchster Bedeutung
für den internationalen Kunstmarkt sein werden,
wahrscheinlich in Wien veräußert. Die Gemälde
und Tapisserien, Goldschmiedearbeiten und Bron-
zen, Elfenbeine und Majoliken, die Stoffe und
Lederarbeiten, Skulpturen und Möbel, unter denen
noch viele unbekannte Stücke schlummern, trotz-
dem die Sammlung von vielen Kennern durch-
sucht wurde und schon manches Werk aus der
Literatur bekannt ist, bergen, abgesehen von ihrem
Handelswert, noch viele Probleme kunstgeschicht-
licher und künstlerischer Art. S.
JACQUES ROSENTHAL
Am 15. Juli feierte der Nestor des deutschen Kunst-
antiquariats Jacques Rosenthal in München in
geistiger und körperlicher Frische seinen 7;). Ge-
burtstag. Alle seine Verdienste aufzuzählen, ver-
bietet der Raum. Ungewöhnliche Einfühlungsgabe
und umfassendes Wissen paaren sieb in der Person
dieses M annes mit Schaffensfreude, Fleiß und Be-
harrlichkeit. Bereits in jungen Jahren legte er in
Deutschland und Paris den Grund zu seinen aus-

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