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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Friedländer, Max J.: Der Meister des Angrer-Bildnisses
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0027

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Abb. 1. Meister des Angrer-Porträts Selbstbildnis (?)
Innsbruck, Ferdinandeum
DER MEISTER DES ANDRER-BILDNISSES
VON MAX J. FRIEDLÄNDER
Im Ferdinandeum zu Innsbruck fesselt den Kunstfreund als eine unvermutete Erschei-
nung und prägt sich unvergeßlich ein: der Domherr Gregorius Angrer. Wie ein Denk-
mal, eine Büste im Geiste der italienischen Renaissance, zugleich ein »malerisches«
Bild, mit erregenden Gegensätzen von Hell und Dunkel, mit einem Leuchten, durch
das innere Glut ausgedrückt wird. Streng von vorn gesehen, hebt sich der Sockel
des Brustkorbes, der den Kopf sicher trägt, über die Brüstung, auf neutralem, ziemlich
dunklem Hintergründe. Leiblich gebunden, geistig frei, straff gespannt, blickt der
Mann aufwärts, wie ein Prediger, ein Reformator, inspiriert, mit edler Entschlossen-
heit und seelischer Herrschgewalt (Abb. 2). Die Inschrift an der Brüstung, die mit großen
schönen Majuskeln die Monumentalität und Bedeutsamkeit des Porträts erhöht, lautet:
GREGORIUS ANGRER • DD • DOC • BRIXINEN
ET VIENEN ECCLIAR CANOICUS JET A TIS SVE
AN • XXXVIIII • M • VII • D • II •
• 1519 •
Also: ein Doctor der Theologie, Canonicus in Brixen und in Wien — 59 Jahre,
7 Monate, 2 Tage alt im Jahre 1519.
Dieses Bildnis schließt sich keinem bekannten Typus an, ist keiner Porträtier-Formel
unterworfen, überrascht durch die Unbefangenheit und Selbständigkeit der Auffassung
und der Mal weise. Ich weiß wohl, daß man es vor Jahren hineingezerrt hat in kunst-
historische Diskussionen, daß es dem Ulrich Apt, dem Augsburger, zugeschrieben wurde,

I Der Cicerone, Jahrg. XXI, Heft i

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