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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 17
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Grimschitz, Bruno: Die moderne Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0511

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Vincent van Gogh

Landschaft

DIE MODERNE GALERIE IN WIEN
VON BRUNO GRIMSCHITZ
Als drittes Museum der Österreichischen Galerie wurde in der Orangerie des Belvedere
die Moderne Galerie eröffnet. Im Jahre 1925 konnte im Unteren Belvedere das Barock-
museum;, im folgenden Jahre im Oberen Belvedere die Galerie des 19. Jahrhunderts
der Öffentlichkeit übergeben werden. Mit der Modernen Galerie vollendet Direktor
Franz Martin Haberditzl in zehnjähriger Tätigkeit das umfassende Programm einer
musealen Darstellung der neueren österreichischen und der europäischen Kunst des
19. und des 20. Jahrhunderts in vorbildlicher Organisationskraft. Das neben dem Unteren
Belvedere liegende Orangeriegebäude — aus derEpoche Prinz Eugens, im 19. Jahrhundert
aber profaniert und umgestaltet — und der vor seiner südlichen Hauptfront liegende
Garten waren die räumlichen Grundlagen für die Moderne Galerie. Der architektoni-
nische Garten, neben der weiten Räumlichkeit des großen, die beiden Hauptbauten des
Sommerschlosses verbindenden Gartens von intim-geschlossener Wirkung bot durch die
ihn rahmenden Architekturwände und die seine eine offene Seite rundende Balustraden-
rampe den idealen Raum für die Aufnahme von Werken der Bronze- und Steingroß-
plastik. Sie wurde in den letzten Jahren mit bewußter Rücksichtnahme auf die Mög-
lichkeiten eines Freilichtmuseums vermehrt und bildet, in der Versammlung von euro-
päischen Spitzenleistungen, eines der wesentlichsten Wirkungselemente der Galerie.
Zu Meuniers »Lastträger« kamen Rodins nervös-feingliedrige »Eva«, Renoirs klassisch
gerundete »Venus victorieuse« und Maillols pathetische »L/Action enclrainee«. Von
den Deutschen stehen Gauls »Eselreiter« und Hallers »Abessynischer Knabe« in den
Rasenflächen, von den Österreichern rahmen Bronzen und Steine von Stursa, Hanak
und Müllner die großen französischen Mittelpunkte. Renoirs »Eva« steigt, wie es ihr
Schöpfer nach dem Bericht Meier-Graefes geplant hatte, aus dem Wasser eines Bassins
auf und hebt die dekorativ-naturalistische Bedeutung einer barocken Sandsteingruppe,
die sie ablöst, in die höhere Sphäre eines rein plastischen Monuments von eigenem
künstlerischen Gewicht. Alle Bronzen stehen als Zentren lebendigster bildnerischer
Kräfte in der barock-architektonisierten, durch die Natur leise landschaftlich gelocker-
 
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