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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 1
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0055

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werden Schmelzfarben auf gebranntem Scherben
durch Reliefkonturen von einander getrennt. Inder
Zeit K’ang-hsis sind endlich die verschiedenen Me-
thoden zu vollkommener Ausbildunggelangt. Gerade
im späten Porzellan sind die großen Privatsamm-
lungen Berlins führend (E. Baerwald, W. Drey-
fus, J. Goldschmidt, II. Gutmann, II. v. Klempe-
rer, die Brüder Wassermann und M. v. Wasser-
mann), dazu werden erstklassige Stücke aus dem
Johanneum in Dresden und dem Charlottenburger
Schloß in die Ausstellung gegeben. Blauweiß, Pow-
derblue, Familie verte, Email sur biscuit und die
Monochrome u. a. Sang de boeuf, Peach bloom,
Blanc de Chine und Mirror black findet der Be-
sucher in allen nur wünschenswerten Varianten.
Das Amsterdamer Ryksmuseum leiht die beiden
schönen schwarzgrundigen Vasen der Druckerschen
Stiftung. Die Nachtigallen von J. Goldschmidt sind
das Kunstvollste an Porzellan, was man sich den-
ken kann.
Der neuere Teil der Ausstellung wird am reichhal-
tigsten sein. Dies hat seinen Grund in der Annähe-
rung zwischen europäischem und chinesischem Ge-
schmack im 18. Jahrhundert. Die eigentlich chine-
sischen Epochen Chinas aber liegen weiter zurück.
Ihr Verständnis zu fördern wird eine der vor-
nehmsten Aufgaben dieser Ausstellung sein.
Max Wegner
BERLINER AUSSTELLUNGEN
Die van Goghs der Sammlung Kr oller
Rohlfs / Seewald / Krön er / Junge Künstler
In einem dramatischen Moment ist uns durch Justis
Aktivität die herrliche van Gogh-Sammlung der
Frau Kr öll er -Müll er vor Augen geführt, ge-
rade rechtzeitig, um ein vom Skandal aufgepulver-
tes allgemeineres Interesse dem Werke selbst wie-
der zuzuwenden. Auch dem vom Haag her bereits
mit dieser großartigen Folge Vertrauten offenbart
sie sich in der chronologischen Gruppierung und
geräumigen Disposition des Kronprinzenpalais
ganz neu. Die Gemälde und Zeichnungen sind nicht
nur in ihrem Eigenwert wunderbar zur Geltung
gebracht, sondern zugleich als Entfaltungsbild der
genialen Persönlichkeit angeordnet, das man im
unmittelbaren biographischen Erlebnis abschreitet.
Der Weg führt von allerersten Versuchen über die
dunkle, erdige, harte Gestaltungsweise der Anfänge
nach Paris und dem erweckungshaften Sicherhellen
und Aufblühen dort. Gerade diese Kapitel vermag
keine zweite Sammlung annähernd so zu veranschau-
lichen. Den weit reicheren Begriff, den wir von den
Perioden Arles und Saint Remy haben, kann die
Sammlung Kröller naturgemäß nicht im gleichen
Maße noch steigern. Aber sie erfüllt ihn aufs neue
seinem vollen Umfange nach, um nicht zum min-
desten auch die rein malerische Potenz van Goghs
zu dokumentieren, die sogar Meier-Graefe nicht
recht anerkennen will. Es bestand der Plan, eine
ganze Reihe der jetzt als Fälschungen verdächtigten


Nachtigall. Porzellan. K’ang-hsi (1662 — 1722)
Bes.: J. Goldschmidt, Berlin

Stücke aus Kunsthandel und Privatbesitz in dieser
Ausstellung mit den Werken der Sammlung Kröl-
ler zu konfrontieren und dem Urteil der Öffent-
lichkeit zu überantworten. Daraus ist leider nichts
geworden — nur ein einziges der inkriminierten Bil-
der ist zur Stelle, das der Vergleich so unzweifel-
haft als plumpes Falsifikat enthüllt, wie man es
nie vermutet hätte. Es tut uns doch wohl sehr not,
den Blick für die tieferen Eigentümlichkeiten und
Qualitäten eines Malers zu schärfen, dessen Lebens-
tragödie uns vielleicht schon zu sehr interessiert
hat, zum Nachteil nämlich des Erkennens seiner
künstlerischen Unnachahmlichkeiten.
Die Galerie Ferch Möller bringt Gemälde und
Aquarelle von Christian Rohlfs, Arbeiten aus
den beiden letzten Jahren vor allem, die den wun-
derbar Unerschöpften neue Grade rhythmischer
Auflockerung haben gewinnen lassen. Es geht wie
ein weich wirbelnder Schneefall über diese Bilder
nieder, ein Tanz weißer Flocken umsprüht die far-
bigen Kernsubstanzen, daß sie mitzucken und ver-
zaubert aufgluten in schwirrender Ekstase. Die

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