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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Gronau, Georg: Über ein Jugendbildnis des Kardinals Alessandro Farnese
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0078

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sie sollten mit ihm für alle Zukunft, ein stolzes Erinnerungsmal an ihn und sein
Haus, vereinigt bleiben1.—Weniger hören wir von Bildern, die er sein Eigen genannt
hat; der Zufall aber hat uns ein Zeugnis bewahrt, das uns einen Blick werfen läßt auf
diejenigen, mit denen er in der Intimität des Tages lebte.
Der römische Gesandte des Herzogs von Urbino -— der von seiner Mutter Vittoria Far-
nese her des Kardinals Neffe war — hatte von seinem Herrn den Auftrag erhalten, sich
nach Bildern großer Meister, besonders von Raffael, umzusehen; waren die Originale
nicht zu erreichen, so interessierte er sich auch in besonderen Fällen für Kopien. Ende
Oktober 1581 berichtet der Gesandte2, ein Maler Antonio habe ihm von einer Madonna
von Raphael im Besitz des Kardinals Farnese viel Rühmens gemacht, »wirklich ein
sehr schönes Werk, ... ich habe es in des Kardinals Zimmer gesehen, ein ausgezeichnetes
Bild. Es stellt eine Madonna mit Christus dar, die hl. Elisabeth mit Johannes und
Joseph ... Ferner hängt da noch eine Danae von Tizians Hand, man kann keine schönere
Gestalt sehen . . .« Beide Bilder sind dem farnesischen Besitz nie entfremdet worden,
man kann sie noch in Neapel finden, Raffaels Madonna del divino amore, die dem-
nach Alessandro Farnese aus dem Nachlaß des Kardinals Carpi erworben haben muß,
und die Danae, die Tizian für Ottavio Farnese gemalt hatte. Diese beiden Meisterwerke,
in sich so verschieden, bildeten des Kardinals tägliche Gesellschaft und in dem Gegensatz,
der sie mindestens inhaltlich scheidet, spiegelt sich der zwiespältige Geist, wie der Epoche,
so dieses Kirchenfürsten. All den weltlichen Glanz der alten Renaissancefürsten hatte er
gekannt, ehe sich in ihm ein tiefer innerer Wandel vollzog (immerhin doch nicht so groß,
daß er Tizians Meisterwerk aus seinem Zimmer verbannt hätte); ein Wandel, der ihn in
seinen letzten Lebensjahren vorwiegend die Gesellschaft der Jesuiten suchen ließ.
Ein Mitglied dieser Ordensgemeinschaft war es auch, der ihm in der Sterbestunde beistand.
Ein paar Schlaganfälle ließen das nahe Ende ahnen; in der Nacht vom 2. auf den 3. März
158g starb er3. Tiefe allgemeine Trauer erfüllte die Stadt; galt er doch als Vater der
Armen, der namentlich in Zeiten der Not mit vollen Händen zu spenden gewohnt war.
Nicht weniger als ein Drittel seiner bedeutenden Einkünfte flössen Jahr um Jahr den
Wohltätigkeitsanstalten zu. »Wer ihn die Zierde Roms, ja Italiens genannt hat, hat die
Wahrheit gesprochen«, schrieb Ciaconius noch ein Jahrhundert später. »Unmöglich ist
es«, so berichtete der urbinatische Gesandte an seinen Herrn, »jemandem, der es nicht
mit angesehen hat, die tiefe Trauer des ganzen Hofes und der ganzen Stadt zu schildern.
Ich muß bekennen, daß ich in so vielen Jahren, die ich in Rom lebe, und bei so vielen
Gelegenheiten ... nie einen solchen Andrang des Volkes gesehen habe.« Auf dem ganzen
Wege von der Cancelleria bis zur Kirche, der durch die schönsten und bevölkertsten Straßen
führte, hatten Handwerker und Kaufleute miteinander gewetteifert, wer seinen Laden
am reichsten im Zeichen der Trauer geschmückt hatte. So lange die Leiche öffentlich aus-
gestellt war, mußten Wachen sie vor dem Andrang des trauernden und klagenden Volkes
schützen. An den Exequien nahmen nicht weniger als 42 Kardinäle teil; die Zahl der
Bischöfe war nicht zu schätzen. Vor dem Llochaltar des Gesü wurde der Leichnam beige-
setzt; für die schlichte Grabschrift wählte man die Fassung, die Fulvio Orsino vorge-
schlagen hatte. Das Andenken des großen Kardinals ist so aufs stärkste mit dieser Kirche
verbunden geblieben, wo »sein Jahresgedächtnis bis auf die Gegenwart am 13. März
stets feierlich begangen wird« (Pastor).
3 Das vom 22. Juni 1587 datierte Testament u. a. in Documenti inediti per servire alla storia
dei Musei d’Italia IV, S. 398.
2 Florenz, Staatsarchiv CI. I Div. G. Fa. 143 fol. 1118 verso (unpubliziert).
3 Über seinen Tod und die Trauer um ihn vgl. den wichtigen römischen Aviso vom 4. März
1589 bei Pastor, Bd. X, S. 606; ferner (offenbar auf guter Quelle beruhend) Ciaconius, Vitae
Pontificum t. III, S. 562. Endlich der unedierte Bericht des urbinatischen Gesandten (Urbino
CI. I Div. G. Fa. 169 fol. 11581).
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