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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 2
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Rundschau
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rie v. Jakimow, denen die Galerie Zickel,
und von Christa Deuticke-Szabo aus Wien,
denen die Galerie Wiltschek Raum gewährt,
passieren mit Anstand, ohne ins Gewicht zu fal-
len. Lediglich der Ertrag einer Studienfahrt nach
Persien, Tibet, Indien und Ostasien, die Lene
Schneider -Rainer gemeinsam mit Bernhard
Kellermann unternommen hat, erweist Momente
künstlerischer Überlegenheit. Man freut sich an
diesen Bildern, zumal an den leicht entworfenen
und delikat getönten Aquarellaufnahmen, in der
Galerie Hartberg gerade darum, weil sie euro-
päische Grazie der Anschauung nicht verleugnen
und nie versuchen, exotisches Formgehaben zu imi-
tieren. Sie haben auch rein als Mitteilung über
eine sehr ferne und unbekannte Welt ihre Be-
deutung.
Die Deutsche Kunstgemeinschaft, deren
offenbar recht tüchtige Verkaufsleistung über das
ständige Sinken des künstlerischen Niveaus ihrer
Arbeit nicht hinwegtäuschen kann, führte eine Zu-
sammenstellung von zeitgenössischen deutschen
Werken vor, die demnächst nach Holländisch-In-
dien geht. So vielseitig diese Auswahl ist -— auch
mancher führende Maler fehlt darin nicht—, eine
zufallsmäßigere und unrepräsentablere Schau deut-
scher Gegenwartskunst läßt sich kaum vorstellen.
Diesem Schaffen die verdiente internationale Gel-
tung zu gewinnen, darauf kommt es heute viel zu
dringend an, als daß es jeder unberufenen Stelle
gestattet werden dürfte, irgendwelche Konglome-
ration von Bildern dem Ausland als Querschnitt
unserer Moderne vorzuführen. Wolfradt
MODERNE KUNST AUS KÖLNER PRIVAT-
BESITZ
Die neuen Museumsdirektoren Kölns, Dr. Büchner
und Dr. With, haben dem Kölner Kunstverein
eine Ausstellung »Moderne Kunst aus Kölner Pri-
vatbesitz« zusammengestellt. Im Jahre 1924 gab es
die letzte Schau gleichen Titels. Man vermied es
mit Recht, Bekanntes zu zeigen (nur der herrliche
Picasso der blauen Zeit macht eine Ausnahme).
Was haben nun die Bürger der westlichen Haupt-
stadt in den letzten Jahren gekauft? Sicher eine
Fülle guter Kunstwerke. Aber vielleicht haben die
Herren, die sich der schwierigen Aufgabe der Aus-
wahl mit so viel Takt und Erfolg unterzogen, selbst
bemerkt, daß es in Köln an kapitalen Stücken
fehlt. Als repräsentatives Bild von hoher Bedeu-
tung kann eigentlich nur die Landschaft von Ce-
zanne gelten. In der Franzosennische mag man sich
noch über ein Manet-Pastell oder einen Monet
freuen, bei den Deutschen den schönen Marees und
einige köstliche Bilder von Corinth bewundern, der
Impressionismus bleibt im ganzen schwach ver-
treten. Anders steht es schon mit seinen Nachfol-
gern. Der Kokoschka der Dresdner Zeit, das farbig
ungewöhnlich beruhigte Stilleben Noldes, der große
Frauenakt der Modersohn, das sind gewiß Bilder,

die der gewähltesten Sammlung Ehre machen
würden. Die jüngeren Franzosen erfreuen sich of-
fenbar besonderer Gunst unter den Kölner Samm-
lern, von Viamink bis de la Serna sieht man sie
glänzend vertreten. Daß in Köln beheimatete Ma-
ler wie Seewald, Ahlers-IIestermann und Lind-
gens für ihre besten Arbeiten Liebhaber in der
Stadt fanden, ist gleichfalls erfreulich. Diese Aus-
stellung zeigt aber nur die gute Seite des Sam-
melns. Auf der schlechten wären die Akademie-
schinken (im alten Sinne des Wortes) zu ver-
buchen, mit denen das bedrohlich nahe Düssel-
dorf so viele, sonst gepflegte Häuser Kölns zu be-
denken pflegt. With sprach in seiner Eröffnungs-
rede sehr witzig von den »unerlösten Wänden«.
In der Kunsthandlung Dr. Becker & Newman stellt
ein Pariser Pole, Marc Sterling, aus. Inter-
essante und gepflegte Bilder! Die schräg gestellten
Ebenen gehören nun einmal in Paris zu einem
wirklich modernen Bild. Östlich wirkt die Vor-
liebe für Rot. Stilleben gelingen dem Maler am
besten. Alfred Salmony
DIE LONDONER AUSSTELLUNG HOLLÄN-
DISCHER KUNST
Am 4. Januar wurde in den Räumen der Royal
Academy (Burlington Ilouse) eine gemeinsam vom
englischen und niederländischen Staate veranstal-
tete, monumentale Ausstellung holländischer Kunst
eröffnet. Sie bietet einen Eindruck von geradezu
überwältigender Großartigkeit, einen Eindruck,
der nicht nur die Pariser Ausstellung von holländi-
scher Malerei, sondern ebenso sehr die im Vor-
jahre im Burlington House veranstaltete von flä-
mischer Kunst weit übertrifft. Nahezu 5oo Ge-
mälde, von denen fast jedes ein Meisterwerk ist,
sind zusammengebracht worden, ferner eine sehr
bedeutende Auswahl an Handzeichnungen, Druck-
graphik, Silber- und Glaswaren. Die Malerei um-
faßt den gesamten Zeitabschnitt vom 16. bis zum
J9. Jahrhundert (letzteres namentlich durch einige
treffliche Werke van Goghs vertreten).
Das Hauptinteresse richtet sich begreiflicherweise
auf Rembrandt und Jan Vermeer. Von jenem sind
allein über 5o Bilder, auch von dem seltenen Delf-
ter eine wirklich erstaunliche, Avenngleich viel gerin-
gere Zahl ausgestellt. Der Ehrenplatz unter denRem-
brandts ist der Amsterdam er Judenbraut zuge-
wiesen, doch fesselnder wirken die seltener gesehe-
nen Stücke wie der prachtvolle II am an vor Ahas-
ver us aus Bukarest, die unvergleichliche Anbe-
tung der Könige aus Buckingham Palace, die
Bildnisse aus den Sammlungen von Lord I arring-
don und des Duke of Westminster, der wohl rich-
tig als Alexander der Große bezeichnete Krieger
in Rüstung aus Glasgow, endlich noch der hin-
reißend schöne Titus der Sammlung Cook (vor-
mals bei Lord Spencer). Unter den Vermeers fehlt
leider das Hauptstück der Czernin-Sammlung,
doch mit anerkennenswerter Liberalität haben die

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