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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 3
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Weiss, Emil Rudolf: Erste Begegnung mit Edgar Tytgat
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0110

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bildungen seiner Bilder, die mir zeigten, daß der Bezirk seines Schaffens viel weiter
reicht, als die Holzschnitte und die Bildchen für die Kinder- daß beides aber einander
nicht fremd ist, sondern das eine wie eine liebliche Ecke in einem großen Garten, in
der das große und erfahrene Kind Tytgat mit den kleinen Kindern spazierengeht. Er
schrieb mir einen reizenden Brief zu seiner Sendung, und ich schrieb ihm über seine
Bilder, die alle waren wie aus einem Buch der menschlichen Legende, wahr, gelebt,
gesehen, erfahren, und doch alle unwirklich und wie Gleichnisse des Geschehens, zum
Kunstwerk gestaltet aus einem vollkommenen Bewußtsein seiner selbst und aller künst-
lerischen Mittel und aus einer tiefen spielenden Unschuld, die die Menschen mit
Naivität verwechseln. Dieser Mann hat das große Glück, nicht nur zu wollen, sondern
auch zu wissen, was er will. Er leidet nicht unter dem Nichtwissen, das Marees so
qualvoll empfand, unter dem jeder von uns, fast jeder leidet, der über den Zufall in
seinem Schaffen hinaus ist oder hinaus will} seine Kunst hat den Inhalt, den sie
braucht, immer ganz genau den, den sie braucht, von Bild zu Bild denselben verwan-
delten, den Menschen Tytgat.
Seine Bilder haben richtige Namen und sie dürfen sie haben, denn sie bezeichnen In-
halt und Gestalt gleich genau, und fügen sie sich nicht aneinander wie die Zeilen
eines Gedichtes?
Ich danke Alfred Flechtheim sehr dafür, daß er meine Bitte erfüllte, uns in Berlin den
Maler Tytgat zu zeigen. Hier ist er.


Edgar Tytgat

80

Prozession in Furnes
Sammlung Stehlin, Basel
 
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