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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 5
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Baldass, Ludwig: Die Wiener Tafelmalerei von 1410-1460, 2: (Neuerwerbungen des Wiener kunsthistorischen Museums)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0158

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Abb. 10. Österreichisch um 1440 / Christus vor Pilatus
Wien, Gemäldegalerie
Meisters von Heiligenkreuz (Abb. 5) zeigen, sehen wir nun kräftig gegliederte, knittrige
Faltenzüge, die das Standmotiv deutlich herausarbeiten. Den gleichen Gewandstil der
vierziger Jahre zeigen auch die etwa halblebensgroßen Hauptfiguren. Pfennings Wiener
Kreuzigung von 1449 und das 1457 datierte Grazer Dombild scheinen in der Kompo-
sition des Mittelbildes vorbereitet. Von geringerer Bedeutung als die im wahren Sinne
des Wortes meisterhaften Schnitzereien sind die acht gemalten Passionsszenen1 auf den
Außenseiten der Flügel, die von einer schwächeren und stilistisch altertümlicheren
Hand herrühren. Sie sind aber, da sie nach dem tatsächlichen Befund schlechterdings
erst nach \ ollendung der Schnitzereien aufgemalt sein können, wichtig für die Datie-
rung und mehr noch für die genauere Lokalisierung des Altars.
Diese Passionsszenen nun zeigen klar den Stil der Wiener Tafelmalerei aus der Zeit
um 1440. Es finden Einzug in Jerusalem (Abb. 9), Abendmahl und Gefangennahme in
den Budapester Passionsszenen (Abb. 8), die Ölbergszene aber in einer Zeichnung des
Berliner Kupferstichkabinetts ihre nächsten Parallelen. Hugelshofer hat diese Zeich-
nung mit dem St. Lambrecliter Ölberg in Zusammenhang gebracht, dabei aber über-
sehen, daß der Faltenstil weit über den des Meisters der Votivtafel hinansgelit und
viel brüchiger geworden ist, wobei die Figuren an Körpervolumen und Erdhaftigkeit
zugenommen haben. Die beschnittene Zeichnung zeigt auf der Rückseite eine quali-
tativ höher stehende, aber altertümlichere Madonna, die etwa den Stil des Meisters
der Darbringung repräsentiert. Schließlich erinnern die Engel typen der Taufe Christi
(Abb. 9) an den Albrechtsaltar, während die Figur des thronenden Pilatus (Abb. 1 o) im
Gegensinne fast identisch auf jener der oben erwähnten Tafeln im Wiener Handel
(Abb. 11) vorkommt, die die hl. Katharina vor ihrem Vater zeigt. Diesen Heiligenszenen
1 Sie stellen dar; obere Reihe: Taufe Christi, Einzug in Jerusalem, Vertreibung der Wechsler
und Abendmahl; untere Reihe: Ölberg, Gefangennahme, Christus vor Pilatus und Geißelung.
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