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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 5
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Wolfradt, Willi: Danziger Bildnisse von Otto Dix
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0169

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wordene repräsentative Attitüde in ein falsches Licht gerückt ist. Weil uns die würde-
volle Sitzpose des Porträts überhaupt nicht mehr entspricht, hat eben die moderne
Malerei das Bildnis als Spezialaufgabe nicht recht weiterentwickeln können. Die
früheren Porträts von Dix hatten ihre Bedeutung nicht zuletzt darin, daß sie bei
allem Objektivismus respektlos waren und durch kaustische Schärfe der Auffassung
die Porträtkonvention ausschalteten. An sich schon birgt die Neigung zur Kulisse und
zum in die Hand des Dargestehten gegebenen Attribut die Gefahr des feierlichen
Hinweises auf Stand und Wirkungskreis der Person, also einer Betonung ihrer Würde.
Der gewisse sarkastische Einschlag, die Aggressivität der früheren Dix-Bildnisse hat
diese Gefahr neutralisiert. Das offizielle Porträt aber läßt sie ganz akut werden, und
wenn nun gar die Hintergrundsvedute der Marienkirche von einem mittelalterlichen
Gewölbebogen umrahmt erscheint, bekommt selbst die detailgründliche Energie der
Darstellung einen retrospektiven Beigeschmack, und die trotzige Realistik dieser Kunst
droht in ihrem Sinn verkehrt zu werden.
Zwingend, bewundernswert nach wie vor die zu äußerster Bestimmtheit gestraffte,
jede Gesichtsform, jedes Fingerglied, jede Hautfalte mit sprungbereitem Willen ladende
Durchgestaltung. Diese Danziger Bildnisse stehen mit allen ihren Warnungen im
Vordergründe des künstlerischen Zeitgeschehens. Aber sie werfen auch ein Licht auf
das Kritische der ganzen Situation.


Pol Cassel

Aus der Ausstellung in der »Fides«, Dresde;

Schwertlilien
 
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