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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 5
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0180

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cs wohl inzwischen schon einen neuen Eigentümer
gefunden haben dürfte.
Die John Levy Gallery kündigte jüngst den Ver-
kauf eines »Porträts eines Mannes in Rüstung« von
van Dyck an einen in Cincinnati wohnenden
Sammler. Es ist derselbe van Dyck, der im vorigen
Jahrgange im Cicerone veröffentlicht und abge-
bildet worden war (Heft /i, S. j 3g). Die John Levy
Gallery gibt in der Presse einen Preis von $ ihoooo
bekannt.
Endlich sei noch hinzugefügt, daß die Reinhardt
Galleries die Originalskizze zu dem verschollenen
»Kesselpaukenspieler« von Frans Hals, von dem
nur einige alle Kopien bekannt sind, an das sam-
melnde Detroiter Ehepaar, Mr. und Mrs. William
J. McAneeney, verkauft haben. Es handelt sich da-
bei um ein köstliches, spontanes Werk des Meisters.
Auf dem Auktionsmarkt gab es während der letz-
ten Wochen — in den Anderson Galleries -— eine
Sensation: den Verkauf der Jerome-Kernbiblio-
thek von Handschriften, Erstausgaben und selte-
nen Drucken, meistens englischer Autoren. Es wur-
den ungewöhnliche Preise bezahl I. Das beweist das
stetige Ansleigen der Werte solcher Werke. Inter-
essant war zu bemerken, daß das Schwinden söge-
nannter moralischer Vorurteile (die auf diesem Ge-
biete eine Rolle liier spielen!), wie z. B. gegen Lord
Byron, sich in den gewaltigen Preissteigerungen
für Werke dieses Dichters kundtat. So trugen die
Handschriften seines »Marino Faliero« $ 27 000 und
die seines »Drearn« $ 8200, und eine Erstausgabe
seines »Chilcle Herold’s Pilgrimage« $ 5100 ein.
Nur ein paar Stichproben aus den zahlreichen
Nummern des im ganzen fast $ 1 800000 umfas-
senden Verkaufes, der damit einen der größten je
abgehaltenen darstellt, können hier gegeben wer-
den: Dickensiana allein trugen mehr als eine Vier-
tel Million Dollar ein, darunter die Pickwick Pa-
pers $ 28000. Sie sind in neun Jahren um 800 Pro-
zent gestiegen! Ein Exemplar der ersten Ausgabe
des Robinson Crusoe kostete $ n5oo; Fieldings
»Tom Jones« $ 29000; 3i Nummern unter Oliver
Goldsmith über $ 80000; Thomas Grays »Elegy«
$ 12 000; Fitzgeralds »Rubaiyat« $ 8000; die Hand-
schrift der ersten drei Bücher von Popes »Essay on
Man« $ 29000; ein einziger Brief von Edgar Allan
Poe $ 19600; ein Exemplar der dritten Folio-Aus-
gabe Shakespearescher Werke vom Jahre 166A
-1 i5 5oo und ein Exemplar der ersten Ausgabe sei-
ner »Poems« $ 85oo.
Dagegen war — in denselben Galleries — das Re-
sultat der Versteigerung noch übriggebliebener Ge-
genstände aus der berühmten E. Spitzer- Samm-
lung, vornehmlich wertvollen Kunstgewerbes aus
dem Mittelalter und der Frührenaissance kein so
gutes. Obwohl auch unter diesen Restbeständen der
gewaltigen Sammlung viele sehr gute und seltene
Werke sich fanden, so waren sie für einen allge-
meinen hiesigen Auktionsmarkt doch zum großen
Teil zu ausgefallen, zu spezialisiert. So hat so man-

ches ein kluger und wissender Händler, wie z. B.
Charles of London und Arthur Goetz, um einen
verhältnismäßig sehr billigen Preis an sieb zu brin-
gen vermocht.
In den American Art Galleries gab es u. a.
zwei sehr bedeutende Versteigerungen. Die Ge-
mälde aus den Sammlungen E. Kingdon Gould
und Joseph Pulitzer. Es wurden namentlich für
einige Bilder der englischen Schule des 18. Jahr-
hunderts hohe Preise, bis zu $ 36 000 (für ein
Bildnis von Sheridan von Romney), erzielt. Fast
eine Viertel Million Dollar wurde für italienische
Kunstwerke, meist aus der Renaissancezeit, gezahlt,
die in der großen Mehrzahl aus dem Besitz der al-
len Bologneser Grafenfamilie Pepoli stammten.
Die amerikanische Firma hatte in ihrem Bestre-
ben, ihre Kataloge von kompetentester Hand her-
stellen zu lassen, den bekannten italienischen
Kunstkenner Professor Luigi Grassi, Capo Nazio-
nale della Corporazione Antiquaria Italiana, eigens
nach New York kommen lassen, und so war ein
ebenso glänzender wie akkurater Katalog für die
Auktion zustande gekommen, der auf lange hin-
aus Zeugnis für die Bedeutung dieser Versteige-
rung ablegen wird.
In denselben Galleries steht in Bälde die Auktion
von Gemälden und anderen Kunstgegenständen be-
vor, die das Metropolitan Museum aus Platzmangel
aus seinen Beständen und Magazinen endgültig aus-
geschieden hat. Es folgt damit dem europäischen
Beispiel und sogar seinem eigenen, denn es ließ ja
letztes Jahr Dubletten seiner zyprionischen Anti-
quitäten am gleichen Platz versteigern. Unter den
auf den Markt kommenden Gemälden findet sich
manches mit gutem Namen, wiewohl naturgemäß
die meisten nur unter dem Titel »zugeschrieben«
gehen.
Charakteristisch für die gegenwärtige Preisrichtung
ist das stetige Wertsteigen für alles Altamerikani-
sche. Es werden da, im Vergleich zum inneren
Werte, oft unverhältnismäßig hohe Preise, nament-
lich für Kunstmöbel, gezahlt. Diesmal aber gab
es sogar auf dem Gemäldegebiet einen Rekord: es
wurden nämlich in den American Art Galle-
ries am 22. November für das zwar tüchtige, aber
keineswegs außergewöhnlich bedeutende Bild des
amerikanischen Generalmajors Andrew Jackson
von Samuel Waldo, einem amerikanischen Akade-
miker, nicht weniger als $ 29000 gezahlt. F
BRÜSSEL
ln der Galerie Giroux, <1 ic bekanntlich eine
führende Stellung am belgischen Markt behaup-
tet, findet am 11. März die Versteigerung einer
vielseitigen Sammlung alter Gemälde statt, die
Hauptwerke der allniederländischen Schule des
16. Jahrhunderts (Frans Pourbus, Joos van Cleve)
und bedeutende Werke des 17. Jahrhunderts der
flämischen und holländischen Schule vereinigt.
Unter diesen seien hervorgehoben: Arbeiten von
 
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