Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 12
DOI Artikel:Wescher, Paul: Eine Miniaturenhandschrift des Benedetto Padovano im Berliner Kupferstichkabinett
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Cod. Inc. IV, 9. 27). An sie lassen sich stilkritisch zahlreiche weitere anfügen. Im
Berliner Kupferstichkabinett ist der Meister oder seine Werkstatt vertreten durch eine
um 1508 geschriebene und gemalte Bestallungsurkunde für Francesco Garzone zum
Podesta von Verona, vollzogen durch den Dogen Leonardo Loredano (Cod. 78 C 50).
Ein noch ungenanntes Gebetbuch desselben Stils wird in Stift Melk bewahrt. Vier
einzelne Miniaturen aus der Sammlung Fairfax Murray befanden sich 1908 bei de
Marinis in Florenz. Ein Psalterium für Francesco Maria I von I rbino mit vier ganz-
seitigen Miniaturen aus dem Besitz von S. C. Cockerell 1908 auf der großen Bur-
lington-Ausstellung in London (Nr. 264, Taf. 159, entstanden nach 1 508). Aus der Zeit
um 1 520 rührt das bekannteste Dokument seiner buchmalerischen Tätigkeit, die mehr-
fach auf Londoner Ausstellungen gezeigte Evangelienhandschrift für das Kloster Santa
lustina in Padua im Besitz des Major G. L. Holford in London1.
Als eine der spätesten Arbeiten seines Stils muß die Handschrift des Casparo de Molino,
Commissio scu Capitolare, von 1 532, betrachtet werden, die 1919 in Baers Frankfurter
Bücherfreund (S. 325 mit Abb.) veröffentlicht ist. — Indessen zeugen alle diese Arbeiten
von einer unstreitig schwächeren künstlerischen Art als jene des Benedetto Padovano.
Nun gibt es noch einige zum Teil unberücksichtigte, anscheinend frühe Handschriften,
die sich stilistisch am besten um ein 1491 bei Giov. Hammann di Landoja in Venedig
gedrucktes und mit Miniaturen ausgemaltes Missale in Padua, Kapitelsakristei grup-
pieren lassen und die einen günstigeren Eindruck von Bordone vermitteln könnten.
Dazu gehört vor allem ein reich illustriertes Missale der Ambrosiana in Mailand, dessen
motivische Übereinstimmungen mit der Illustration der genannten Paduaner Hand-
schrift schon Carta(Godici della Bibi. Naz. Descr. 48, Tav.XX—XXI) bemerkte. Rühren
die im Museo Civico in Padua bewahrten Handschriften, wie das von Moschetti (II
Mus. Civico, Tav. IV) abgebildete Corale wirklich von Benedetto Bordone her, woran wir
nicht zu zweifeln brauchen, so sind auch diese Missalien-Miniaturen Werke des Meisters.
Damit kommen wir der besten Zeit seines Frühstils näher, aber auch deutlicher, wie
ich glaube, zu einer Unterscheidung von Benedetto Padovano, zur Scheidung der beiden
Künstlerindividualitäten. Der Meister der Decretalien Innocenz IV, der spätestens um
1450 geboren ist, mußte noch in dem ungewöhnlich hohen Alter von 85 Jahren tätig-
gewesen sein, sofern er mit Benedetto Bordone identisch ist. Dieser Umstand bleibt
ebenfalls bei der Betrachtung zu erwägen.
1 Vgl. Warner, Cat. of illuminated Mss. Burlington Exhib. 1908, Nr. 196, Taf. 130 und Early
Venetian Painting Burlington Exhib. 1912, Nr. 43, Taf. 34.
MerTottancac^üeniens tecumfers*Lam Decetneo
Mercurihommem regem nudumaduenire, Mer Re
Benedetto Bordone
Aus den Erzählungen des Lukian
Wien, Staatsbibliothek
347
Berliner Kupferstichkabinett ist der Meister oder seine Werkstatt vertreten durch eine
um 1508 geschriebene und gemalte Bestallungsurkunde für Francesco Garzone zum
Podesta von Verona, vollzogen durch den Dogen Leonardo Loredano (Cod. 78 C 50).
Ein noch ungenanntes Gebetbuch desselben Stils wird in Stift Melk bewahrt. Vier
einzelne Miniaturen aus der Sammlung Fairfax Murray befanden sich 1908 bei de
Marinis in Florenz. Ein Psalterium für Francesco Maria I von I rbino mit vier ganz-
seitigen Miniaturen aus dem Besitz von S. C. Cockerell 1908 auf der großen Bur-
lington-Ausstellung in London (Nr. 264, Taf. 159, entstanden nach 1 508). Aus der Zeit
um 1 520 rührt das bekannteste Dokument seiner buchmalerischen Tätigkeit, die mehr-
fach auf Londoner Ausstellungen gezeigte Evangelienhandschrift für das Kloster Santa
lustina in Padua im Besitz des Major G. L. Holford in London1.
Als eine der spätesten Arbeiten seines Stils muß die Handschrift des Casparo de Molino,
Commissio scu Capitolare, von 1 532, betrachtet werden, die 1919 in Baers Frankfurter
Bücherfreund (S. 325 mit Abb.) veröffentlicht ist. — Indessen zeugen alle diese Arbeiten
von einer unstreitig schwächeren künstlerischen Art als jene des Benedetto Padovano.
Nun gibt es noch einige zum Teil unberücksichtigte, anscheinend frühe Handschriften,
die sich stilistisch am besten um ein 1491 bei Giov. Hammann di Landoja in Venedig
gedrucktes und mit Miniaturen ausgemaltes Missale in Padua, Kapitelsakristei grup-
pieren lassen und die einen günstigeren Eindruck von Bordone vermitteln könnten.
Dazu gehört vor allem ein reich illustriertes Missale der Ambrosiana in Mailand, dessen
motivische Übereinstimmungen mit der Illustration der genannten Paduaner Hand-
schrift schon Carta(Godici della Bibi. Naz. Descr. 48, Tav.XX—XXI) bemerkte. Rühren
die im Museo Civico in Padua bewahrten Handschriften, wie das von Moschetti (II
Mus. Civico, Tav. IV) abgebildete Corale wirklich von Benedetto Bordone her, woran wir
nicht zu zweifeln brauchen, so sind auch diese Missalien-Miniaturen Werke des Meisters.
Damit kommen wir der besten Zeit seines Frühstils näher, aber auch deutlicher, wie
ich glaube, zu einer Unterscheidung von Benedetto Padovano, zur Scheidung der beiden
Künstlerindividualitäten. Der Meister der Decretalien Innocenz IV, der spätestens um
1450 geboren ist, mußte noch in dem ungewöhnlich hohen Alter von 85 Jahren tätig-
gewesen sein, sofern er mit Benedetto Bordone identisch ist. Dieser Umstand bleibt
ebenfalls bei der Betrachtung zu erwägen.
1 Vgl. Warner, Cat. of illuminated Mss. Burlington Exhib. 1908, Nr. 196, Taf. 130 und Early
Venetian Painting Burlington Exhib. 1912, Nr. 43, Taf. 34.
MerTottancac^üeniens tecumfers*Lam Decetneo
Mercurihommem regem nudumaduenire, Mer Re
Benedetto Bordone
Aus den Erzählungen des Lukian
Wien, Staatsbibliothek
347