Ferdinand v. Olivier Heimkehr
Aus der Ausstellung »Deutsche Maler 1780—1850« der Galerie Hugo Helbing, Berlin
und Ludwigs-Galerie Otto H. Nathan, München
rieh, Koch, Olivier, Rayski, Schwind, Spitzweg,
Waldmüller mit hervorragenden Stücken auf treten
können, weniger Wert gelegt auf die geläufigen
Größen der romantisch-biedermeierlichen Jahr-
zehnte, das Hauptinteresse vielmehr den sekun-
dären Erscheinungen und liebenswürdigen Klein-
meistern zugewandt. So blinken aus mancherlei
Spreu die kostbar klargeschliffenen Kobells, ein
in Golddunst getauchter Gebirgssee Morgensterns,
entzückende Aquarelle Rudolf v. Alts lrervor, ge-
winnen sieb Bildchen der Dillis, Bürkel, Ramboux,
J. A. Klein, Gensler besondere Sympathien. Drei
großzügige Kleinformate Rottmanns legen es auch
hier wieder nahe, diesen eminenten Landschafter
einschränkender Bewertung gegenüber stark zu be-
tonen.
Sieht man von den konstitutionellen Schwächen
der A k a d em i e-Ausstellungen ab, die nun einmal
viel Ballast mitzuschleppen haben und zu offiziell
sind, um Front bilden zu können, so darf der dies-
jährigen zugestanden werden, daß sie den Mangel
an überragenden und letztgültigen Werken durch
das erfolgreiche Streben auszugleichen wußte, viele
neue Gesichter zu versammeln, junge Begabungen,
auf die man merken wird. Für sich stehen ein herr-
licher Kirchner, Geleucht von Grün und Orange
vor Blau, leiberfrohes Gedränge nackter Menschen
am Waldsee, und zwei venezianische Dächerblicke
Kokoschkas, schwirrende Tänze der entzückten
Farbe; das Nemes-Porträt Kokoschkas tritt dage-
gen zurück. Wohltat die beiden Figurenstücke
Richard Schroetters in der harmonievollen Ver-
schränkung und sanften Übereinpassung der Ge-
bärden. Ein Katzenbild von Heinrich Schwarz in
graugrün opalisierendem Ton, ein stilles, blasses
Mädchengesicht von Tlioms, der auch mit einer
verspielt intimen Landschaft überzeugt, ein witzig-
verwegenes, rosa und hellblau blitzendes Kostüm-
bild der Annot, sicher und lustig hingetroffene
Porträts von Wollheim und überraschend formu-
lierte, koloristisch lichte Arbeiten Max Oppenhei-
mers, Redakteur und Radrennkurve, drängen sich
besonders in den auslesenden Blick. Lauterburgs
Bildnis der Ricarda Huch, die ungemein kultivierte
und ernste Malerei E. W. Nays, Landschaften von
Fuhr und Feibusch, das amüsant beobachtete »Pa-
riser Negercafe« von Else van der Velde, Stocks
»Erntefest« und überhaupt so manche genremäßige
Darstellung (Lau, Kretzschmar, Steiner), die Ar-
beiten von Heß, Wagner, Nesch stellen sich über
das Niveau. Dazu ein großes Aufgebot an Plastik
mit bemerkenswerten Leistungen von Kolbe, Abbo,
Brün, Geiger, Rickert, Keller, Pils, Koelle, Voll,
Brellochs und dem scharf ziselierenden Porträti-
sten Brachert. Genialisch-visionäre Steingekröse
von Peter Lipmann-Wulf zeigen einen Eigenwilli-
gen auf Irrpfaden. Dem verstorbenen Ernst Wenck
ist die einzige Kollektivschau gewidmet.
W o 1 f r a d t
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Prof. Heinrich Tessenow, der immer wieder
unter den wesentlichen Persönlichkeiten auf dem
Gebiet der modernen Baukunst und Innendekora-
tion genannt werden muß, zeigt in den Ausstel-
lungsräumen der bekannten Möbelfirma J. Grosch-
kus -— die übrigens das Alleinherstellungsrechl
für T es s en o w-Möbel erworben hat — Einzel-
möbel und vollständige Zimmereinrichtungen,
meistens neuere Schöpfungen, die die Wesensart
dieses sehr sachlichen und höchst geschmackvollen
Künstlers belegen. Materialechtheit und klare Li-
nienführung vei’binden sich hier mit einem diszi-
plinierten Gefühl auch für malerische Wirkung
im Ensemble. Keine blutleere, nur verstandesmä-
ßige Konstruktion ist das Signum für diese Möbel,
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