Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (21.1929)

Rik Wouters Selbstbildnis, mit dei' schwarzen Binde. 1916
RIK WO UTE R S VON PAUL COLIN
Rik Wouters. Die Geschichte seines Lebens ist schnell erzählt:
Er ist 1885 in Mecheln geboren, wo er auch seine Kindheit verbringt und das Hand-
werk eines Holzbildhauers erlernt, von denen es einige Tausende in der kleinen flämi-
schen Stadt gibt, wo die billige Möbelindustrie alte Tradition hat. Doch der Drang,
selbstschöpferisch zu schaffen, macht ihn heim Studieren der Stile und der still dahin-
gleitenden Spiele des Ornaments rebellisch. Er macht sich frei und verlangt von seinem
Handwerk Mittel des Ausdrucks zu sein. Der Aufstieg beginnt; er ist klar und kurz.
Rik Wouters bildhauert zuerst, dann radiert er und dann beginnt er zu malen. Eine
Frau hat ihn genommen und seine gesamte Produktion kreist um diese Frau, als
handele es sich um sein tägliches Handwerk. Er ist arm und unglücklich. Trotzdem
klammert er sich an den einzigen Menschen —■ Georges Giroux —, den er geliebt hat,
und seine Freundschaft rettet ihn vor dem Elend und verscheucht seine Sorgen. Er
arbeitet ununterbrochen. In vier Jahren schafft er sein Oeuvre. Dann kommt der
Krieg, Abmarsch zur Truppe, Niederlage, Flucht nach Holland mit 50 000 Soldaten
aus Antwerpen, Gefangenschaft im Lager von Zeist. Krankheit, endlich die Freiheit
auf Ehrenwort hin und die durch Gesichtskrebs verursachte furchtbare Todesangst.
Im Jahre 1916, im Alter von 35 Jahren, ist er in Amsterdam gestorben.
Das Schauspiel, das uns Wouters bietet, ist das einer langen Karriere in Abbreviatur.
Alles überstürzt sich bei ihm, das Lernen und die Aufnahme bestimmter Einflüsse, die

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