Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 13
DOI article:Sammler und Markt
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J. Reynolds John Crewe oE Crewe
Aus dem Porträt-Katalog XVII der Firma H. Gilhofer & H. Ranschburg A.-G., Luzern
Sammlung ein halbes oder ganzes Dutzend echte,
echtere, echteste Werke besitzt, 60000M. wegwer-
fen könne, wird uns allen ein sehr unholder Wahn-
sinn scheinen. Dagegen haben wir uns Preise für
chinesische Bronzen wie 79000M. für ein Yu (Nr.
232) und 3ooooM. für ein I (Nr. 233) längst ge-
wöhnt. Um so ratloser stehen wir vor den 4 6 000
Mark für einen gußeisernen Wasserkessel, Japan
i5. Jahrhundert (Nr. 179), während in Japan schon
sehr viel höhere Summen für die Meisterwerke
dieser bei uns so verachteten Kunst bezahlt worden
sind. Auch mit den 66000 M. für einen Lack-
kasten der Fujiwarazeit (10.—11. Jahrhundert, Nr.
282) wird der nichtjapanische Sammler keine rechte
Vorstellung verbinden können, weil es Fujiwara-
lacke nur im Berliner und Bostoner Museum gibt.
An sich aber hat ein derartiger Preis für ein so
frühes und seltenes Werk der Lackkunst nichts
überraschendes. Da über Art und Alter des Schreib-
kastens 283 nichts gesagt ist und die Abbildung
nicht ausreicht, läßt sich über den —- in Europa
natürlich unerhörten — Preis von 5/|OOoM. nichts
sagen. Ein niedriger Schreibtisch und ein zuge-
höriger Schreibkasten eines Ivoamimeisters, ver-
mutlich des 17. Jahrhunderts (Nr.285), hat es nur
auf 34oooM. gebracht.
Den höchsten Durchschnittspreis aber haben, wie
immer, die Gemälde erreicht, die bei uns, im Gan-
zen genommen, nur als Ausstattungsstücke chine-
sischer Rauchzimmer geschätzt werden. Daß wir
den Werken der wesentlichen Kunst Ostasiens noch
immer mit völliger Ahnungs- und Teilnahmslosig-
keit gegenüberstehen, ist eigentlich ein höchst be-
denkliches Symptom für die jämmerliche Grund-
lage der ganzen ostasiatischen Mode. Vorläufig ist
bei uns schon der Mut, eine gute Fälschung zu
kaufen, ein Zeichen für ein hohes Maß von Ken-
nerschaft. In Japan werden natürlich andere An-
sprüche gestellt: der völlige Mangel an Respekt vor
Alter und Namen gibt eine ebenso sichere Gewähr
für ein wirkliches Verständnis wie bei uns die An-
betung der Expertisen für das Gegenteil. Den höch-
sten Preis der Versteigerung Fujita — 280000M.
— hat allerdings eine kleine Landschaft des gro-
ßen Meisters der südlichen Sung, des llsia Kuei
gebracht (Nr. 1), daneben aber steht ein Dharma
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