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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 14
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Du Colombier, Pierre: Griechisch-buddhistische Plastik im Museum Guimet
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0434

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Der Abschied des Bodhisattva (Stuckrelief) Paris, Musee Guimet

GRIECHISCH-BUDDHISTISCHE PLASTIK
IM MUSEUM GUIMET VON P. DU COLOMBIER
Um die Ergebnisse der französischen Ausgrabungen in Haddah auszustellen, eröffnete
kürzlich das Museum Guimet einen neuen Saal. Haddah ist ein Dorf im Kabultal, unweit
von Jellahabad. Es steht unter dem Namen Hi-Lo in dem Itinerarium des chinesischen
Reisenden Hiuan-Tsang, der im 7. Jahrhundert den östlichen Teil des heutigen Afghanistan
durchreiste. Hi-Lo war zu dieser Zeit ein berühmter buddhistischer Wallfahrtsort, dessen
Wichtigkeit schon die französischen Gelehrten Foucher und Godart, die die Orte dieses
Itinerarium systematisch erforschten, 1923 erkannten. Doch erst in den letzten beiden
Jahren gelang es dem Archäologen Barthoux, eine reiche Ausbeute zu machen.
Die Mannigfaltigkeit und der künstlerische Wert der gefundenen Gegenstände — fast
ausschließlich Stuckplastik vom 3. bis zum 8. Jahrhundert — ist unerwartet groß und
übertrifft in gewisserWeise die berühmten Gandhara-Fnnde. Es gibt darunter fast rein
hellenistische Werke, die vollkommen von einheimischen Einflüssen frei sind, wie Dar-
stellungen des Silen und Frauenköpfe, von denen einige stark an Tanagra erinnern. Ein
Blumen tragender Genius läßt sich als eine etwas weiche Kopie eines griechischen Modells
(vielleicht eines Antinous) entlarven. Stellt man sich vor, daß die griechische Herrschaft
in diesenLändern im 1. Jahrhundert v. Chr. ein Ende fand und daß die Handelsbeziehungen,
die noch unter Trajan ziemlich rege waren und vielleicht bis zu Diocletian dauerten, so
liegen die Grenzen der künstlerischen Beziehungen klar. Unter diesen Umständen ist die
Reinheit der Überlieferung in den künstlerischen Werkstätten schwer anzunehmen.
Die Qualität solcher Stücke, die uns schwächliche Abbilder einer uns gut bekannten
Kunst geben, kann nicht als besonders hoch gelten. Historisch beweist sie die Tiefe,
der von den Feldzügen Alexanders herrührenden Eindrücke.
Interessanter sind die unzähligen, oft handwerksmäßigenKöpfe, deren Form alle Z wischen-
glieder vom hellenistisch-naturalistischen bis zum vollkommen stilisierten eiförmigen
buddhistischen Typus durchläuft. Bei einigen sind die Linien der Augenbrauen und -lider

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