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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 14
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0454

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gedehnten Kenntnissen auf dem Gebiet der Hand-
schriftenkunde, der Miniaturmalerei und der Früh-
drucke, welche ihn bald befähigten, auf diesem
Gebiet eine starke Tätigkeit zu entfalten. Im Jahre
i8q5 gründet er nach Zeiten gemeinsamer Arbeit
mit seinem älteren Bruder Ludwig Rosenthal eine
eigene Firma, deren Stil durch die starke Betonung
der wissenschaftlichen Durcharbeitung der einzelnen
Objekte bis dahin in Deutschland noch nicht ver-
treten war und bald den Weltruf des llauses ver-
tiefte. Unmöglich zu sagen, welche Werke durch
seine Firma in den ßesilz von Bibliotheken und
Sammlern übergegangen sind. Zahlreich sind die
Publikationen, die auf Anregungen Bosenthals zu-
rückgehen. Zwei Kataloge mit vorzüglichen Be-
schreibungen von mehr als 3ooo Inkunabeln, 1900
und 1 90h erschienen, dienen noch heute als muster-
gültiges und wichtiges Nachschlagewerk. Eine
eigene wissenschaftliche Zeitschrift vermittelt seit
Jahren die wichtigsten Ereignisse des Kunstanti-
quariats der Sammler- und Gelehrtenwelt. Wich-
tige bibliographische Bücher schließen sich an, so
die vielbändige Ergänzung Reichlings zu dem grund-
legenden Repertorium der Frühdrucke von Ludwig
Rain und das Werk über »die deutschen Buch-
drucker des i5. Jahrhunderts im Auslande« von
Konrad Haebler, das er durch Notizen wesentlich
unterstützt hat. Trotz seines vorgerückten Alters
schafft er unermüdlich an seinem Lebenswerk
weiter, dessen hoher Ruf zum großen Teil auf
seiner persönlichen Leistung gegründet ist. S.
BERLIN
Vom 3.—8. Juni hat der Antiquar Martin Bres-
lauer zusammen mit der Firma Leo Liepmanns-
sohn Antiquariat den zweiten Teil der bedeuten-
den Musikbibliothek Wolffheim versteigert.
Hatte der erste Teil im vergangenen Jahr schon
weit über die Fachkreise hinaus berechtigtes Auf-
sehen erregt, so waren diesmal nicht nur aus Deutsch-
land, sondern auch aus Amerika, Schweden, Frank-
reich usw. Sammler und Institutsleiter herbeige-
kommen, um aus der überreichen Fülle, von der
die beiden Katalogbände als bibliographisch un-
schätzbares Quellenwerk auch der Zukunft Kunde
geben werden, sich begehrenswertes für ihre Biblio-
theken zu sichern. Es gelangten diesmal vor allem
Handschriften und Autographen, Musikgeschichte
und Ästhetik, Originalpartituren und Stimmbücher,
zum Verkauf und gingen fast restlos fort. Unter
den Käufern sind neben den öffentlichen deutschen
Fachinstituten und Privatsammlern wie Paul Hirsch,
Frankfurt a. M., und die Musikbibliothek Peters,
Leipzig, als Händler vor allem Gottschalk, Berlin,
Henning Oppermann, Basel und R. Legouix, Paris
zu nennen. Der Gesamterlös betrug diesmal wie
heim ersten Teil eine Viertelnd Ilion Reichsmark.
LONDON Fli
Bei der Versteigerung von 3o Bildern aus dem
Besitz des Viscount d’Abernoon am 28. Juni bei

Christie erzielte den höchsten Preis Sir Josuah
Reynolds »rl he Mob-Cap «, das Bild eines nackten
Kindes auf weißem Kissen, nämlich 6000 Guineen
(Vickers Brothers). »Judge Dunning and his Sister«,
ebenfalls von Reynolds brachte 38oo Guineen.
Für ein Bild aus der Nähe Botticellis, Madonna,
Jesuskind und ein Engel, wurden 920 Guineen
bezahlt. Eine andere Madonna, von Mainardi, er-
reichte 1900 Guineen. David Teniers »Violin-
spieler« erzielte 546 Guineen. Ein A. van der
Meer kam bis auf 1700 Guineen. II. W.
GRECO IN STRASSBURG
Das Kunstmuseum von Straßburg besitzt ein Ma-
rienbild des Greco, das jetzt von einem Pariser Ma-
lerrestaurator, Robert de Saint-Clair gereinigt wor-
den ist. Dabei enthüllten sich die Eigenhändigkeit
und Schönheit des Werkes und sogar eine Signatur
Grecos, in griechischen Lettern. Es läßt sich der mitt-
leren Zeit des zumSpanier gewordenen griechischen
Tizianschülers zuweisen; das zweite Exemplar die-
ses Madonnen-Brustbildes, das im Prado in Ma-
drid hängt, ist offenbar nur Wiederholung. Die
Geschichte des Bildes ist interessant genug: das
Straßburger Museum, das hei der Beschießung von
1870 so gut wie zerstört worden war, dankt sei-
nen heutigen Besitz fast ausschließlich den Erwer-
bungen Wilhelm Bodes, in den Jahren 1890 his
1896. Der Berliner Museumsdirektor kaufte da-
mals sehr viel bei Sir Charles Robinson in London,
und das kleine Marienbild Grecos bekam er dabei
sozusagen als Zugabe. Das Straßburger Erwer-
bungsinventar nennt als Einkaufspreis 3ooM. R.
ROTTERDAM
Der große Saal des Rotterdamer Rathauses ist mit
Kolossalgemälden des holländischen Malers Thorn
Prikker geschmückt. Diese sehr modernen Gemälde
sind seit dem Tage ihrer Aufstellung Gegenstand
zahlreicher Angriffe gewesen. Sie waren denn
schließlich auch von Erfolg gekrönt. Der Bürger-
meister gibt bekannt, daß die Gemälde entfernt
und bis auf gelegene Zeit (?) in einem Lagerhaus
verwahrt werden sollen. Die holländischen Blätter
stellen mit Befremden diesen Schildbürgerstreich
fest, aber dabei bleibt es denn auch. Die hollän-
dischen Künstler selber rühren keinen Finger für
ihren gekränkten Kollegen, was bezeugt, wie wenig
beliebt in Holland der nach Deutschland ausgewan-
derte Thorn Prikker ist.
Das Rotterdamer Boymansmuseum, dessen Unzu-
länglichkeit erwiesen war, wird durch einen Neu-
bau ersetzt werden. Dieser kommt an der Witte
de Withstraße zu stehen. Das neue Gebäude wird
dreimal soviel Aufhängeraum umfassen als das
alte. Es sollen liier auch Erzeugnisse des Kunst-
gewerbes zur Aufstellung kommen. Auch wird
man einen Saal zum Studium der Graphik bereit
stellen. F. M. II.
 
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