Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 16
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Edgar Degas Zeichnung
Aus der Ausstellung »Von Ingres bis Picasso« im Graphischen Kabinett
J. B. Neumann, München (Leitung Günther Franke)
des absolut Notwendigen beschränkt. Pelz und Fe-
dern sind für ihn von sekundärer Bedeutung. Zwei
gut beobachtete Beispiele, 'Tiere in der Bewegung
einzufangen, sind der »laufende Eber« und der
»Truthahn«. Ferner zeigt die Galerie Zeichnungen
von englischen und französischen Bildhauern, un-
ter ihnen Dobson, Maillol, Eric Gill, Despiau und
Drivier. Dobsons Akte besonders gehören zu den
feinsten Beispielen moderner Zeichenkunst. Gills
»Aktstudie« und Driviers »Gruppe« sind typische
Beispiele der beachtenswerten Kunstweise beider
Meister.
Eine Anzahl moderner französischer Gemälde von
ungewöhnlicher Qualität sind augenblicklich bei
Arthur Tooth & Sons zu sehen, eine mannig-
faltig abwechselnde Reibe von Bund in bis zu Chi-
rioo. Hervorragend ein Stilleben von Gauguin, eine
der sinnlichsten Farbkompositionen, die von diesem
Künstler je ersonnen worden sind. »Die Themse
bei Ifampton Court« von Sisley ist ein Beispiel für
die meisterliche Art, das weiche Sonnenlicht male-
risch einzufangen. Zwei kleine Bilder von E. Bou-
din zeigen die Leichtigkeit und Anmut des neuer-
lich sehr geschätzten und gesuchten Künstlers. Die
»Landschaft« (1872) von Camille Pissaro, eine der
Perlen der Ausstellung, schafft eine Atmosphäre
von Ruhe und Wärme, wie sie selbst in der impres-
sionistischen Landschaftsmalerei nur selten er-
reicht wird. Die schwermütige »Landschaft im Sü-
den« von Durain mit schwarzen Baumstämmen ge-
gen blauen Himmel, steht in scharfem Gegensatz
zu Chirioo, dessen Studie zweier Pferde am Wasser
auf fällt. Andere bemerkenswerte Gemälde sind
Maria Laurencins »Mädchenkopf« und das »Pasto-
rale«, drei Gestalten im Grase, Daubignys »Fluß-
ufer der Oise«, Braques »Akt«, Yuillards »Inte-
rieur« und Sisleys »Landstraße nach Louvecien-
nes«. Fünf Zeichnungen von Forain und eine
Schauspielerszene von Daumier, die früher in der
Sammlung des Vicomte Bernard DTIendeoourt,
vervollständigen die Ausstellung.
Die Goupil Gallery hat moderne Gemälde und
Kupferstiche von Meistern des i5. und 16. Jahr-
hunderts ausgestellt. Eine Frühlingslandschaft von
Claude Monet ragt hervor. Zwei Gemälde, der Er-
wähnung wert, sind Elliot Seabrookes »Londoner
Park« und »Herbst in London«. Beide zeigen Sea-
brooke als empfindsamen Koloristen, dessen Werke
einen Vergleich mit Gustave Loiseaus Arbeiten
wohl aushalten. Wilson Steer, der Altmeister der
modernen englischen Landschaftsmalerei verrät in
seinen letz ten Werken keine Abnahme seiner schöp-
ferischen Kraft; John Nash zeichnet sich durch die
Wahl des Naturausschnittes aus. Unter den gra-
phischen Arbeiten sind u. a. Rembrandts »Zins-
groschen« (1. Zustand), Dürers »Melancolia« und
viele Blätter des Lucas van Leyden ausgestellt.
H. W.
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