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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 17
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0533

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Courbet Besitz der Städtischen
Nach zehnjährigem Aufenthalt in Paris, wo Viktor
Müller auch zu Fantin-Latour wie sein Schwager,
der feinsinnige Frankfurter Maler Scholderer, in
Beziehung trat, zog er sich nach Frankfurt zu-
rück. Courbet folgte ihm. Atelier an Atelier mal-
ten die beiden.
Später ging Viktor Müller nach München, bildete
mit Leibi Zentrum bester deutscher Malerei. Vik-
tor Müller war eine überschwänglich reiche Na-
tur. Wie Hebbel von einer verschwenderisch blü-
henden Rose sagt: »So weit im Leben ist so nah
im Tod.«
Er starb jung, mit t\2 Jahren.
Bis auf einige Bilder, die in die großen Museen ka-
men, blieb das in Frankfurter Privatbesitz befind-
liche Werk ziemlich unbekannt in Deutschland.
Diese Ausstellung, die auf die Initiative Swar-
zenskis zurückgeht, entbreitet zur Gedächtnisfeier
des xoo. Geburtstages den ganzen Bestand der Hin-
terlassenschaft (bis auf wenige Gemälde, die die
Galerien nicht herleihen konnten).
Am populärsten wurden die Bilder in grauen Tö-
nen, die beiden Fassungen des »Schneewittchen«
der Pinakothek und des Städel und die großen
Hamletbilder in Frankfurt. Es ist schade, denn sie

Kunsthalle Mannheim ' tercl
geben nicht die rechte Vorstellung von der Maler-
persönlichkeit Viktor Müllers. Die Hamletillustra-
tionen waren im Auftrag Bruckmanns entstanden.
Bei solchen objektiv gebundenen Stoffen drama-
tischer Literatur konnte leicht das Persönlichste,
die subjektive Wärme des Künstlers, sich ver-
flüchtigen. Sie sind für Viktor Müllers Kunst
nicht charakteristisch, und es wäre zu wünschen,
daß sie später einmal von der Familie ausge-
tauscht würden gegen andere Werke, gegen üppig
gemalte Bilder voll strömenden Lebens. Das pracht-
voll stolze »Mädchenbildnis« mit dem gelösten,
rotbraunen Haar aus dem Städel gehört zu ihnen,
das Swarzenski mit schönem Freimut als einziges
deutsches Werk in den Franzosensaal zwischen
Courbets »Schneelandschaft« und Renoirs »Kin-
derbildnis« hängte. Das Porträt der »Frau Cella
Tlioma«, das auf den ersten Blick nicht so strah-
lend ist, glüht noch tiefer als Gestaltung eines
Frauenwesens und das »Damenbildnis mit Hut«
von pfirsichhaftem Inkarnat hat jene dumpfe Ge-
walt und Geschlossenheit, wie sie Frauenbildnis-
sen alter Meister eigen ist. Auch in den Entwür-
fen der Frühzeit, die traumhaft drängend sind
wie Skizzen von Marees, webt ein sonoi’er Klang.
Das »Scheidende Liebespaar« ist voll schwermüti-

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