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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 17
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0536

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sleine, Tonprodukte (Gruppenleiter Martens); Me-
talle, Hölzer, Glas (Leiter: Vinecky); Farbe (Ent-
wurf: Molzahn) und Beleuchtung (Leiter: Pioder)
fesseln den künstlerisch Interessierten durch die
vorzügliche Aufstellung. Vinecky hat den Beiz des
Materials, die Schönheit der großen Farbglasschei-
ben, der Furnierhölzer, die Eigenart des Bicella,
des Linoleum usw. gut herausgebracht. Molzahn
gibt seiner Gruppe durch die Darstellung der Ost-
waldschen Farbenlehre ein besonderes Gesicht. Im
Raum »Beleuchtung« zeigen Modelle gute und
schlechte Beispiele von Durchfensterung, zeigt das
Vorherrschen weißer Mattglaslampen, daß die far-
bige Papierschirmmode vorbei ist. »Wolmraum
und Möbel«: Die Hochschule Weimar bringt gute
Typenmöbel, die Werkstätten der Breslauer Aka-
demie (Vinecky) neue Lösungen für Schreib- und
Teetisch (Metall- und Glaskonstruktion). Unter
den Textilien ragen durch Entwurf und Ausfüh-
rung hervor: die Wollstoffe von Hablik-Lindeu
mann-Itzehoe und die Webereien von Else Möge-
lin, vor allem aber die variationsreichen, qualita-
tiv unvergleichbaren Stoffe des Bauhauses Dessau,
das mit seiner Wanderausstellung auftritt. Aus der
Fülle der Gebrauchsgegenstände seien hervorgeho-
ben: die Keramiken der Staat!. Fachschule Bunz-
lau (Leiter: Prof. Ilennig), die ihren Platz neben
den eleganteren westlichen Erzeugnissen behaup-
ten, die Bastarbeiten der Werkschule Stuttgart, die
Holzformen der Lohelandwerkstätten sowie alle
von der Neuen Kunst Fides, Dresden, gezeigten
Stücke, eine Auswahl der besten deutschen Metall-
und Spielwaren. Glas krankt an ungünstiger Auf-
stellung, die schmucklos-schönen Formen von
Haertel, Breslau, der Fachschule Zwiesel kommen
daher nicht zur vollen Geltung.
Der alte Poelzig-Bau beherbergt eine von Rading
geleitete Photoabteilung »Wohnen und Siedeln,
historisch entwickelt«, und eine ebenfalls in Licht-
bildern vorgeführte Länderschau unterrichtet über
den Wohnbau in europäischen und überseeischen
Gebieten. Die übrigen Räume sind einer städti-
schen Sonderausstellung, den Abteilungen Grün-
und Freiflächen und Landesplanung gewidmet.
Eine Ladenstraße mit den neuen Typen des varia-
blen und des von außen überschaubaren Ladens
(Architekt: Iladda), ein landwirtschaftliches Ge-
höft, Kindererholungsheim (Erbauer: Konwiarz)
und der Werkraum des Handwerks (Architekt:
Wolf) ergänzen die Hallenausstellungen. In der
Werkhalle interessieren am meisten die schlesi-
schen Handweber (Entwürfe: Fräulein Gramatte,
Kunstgewerbeschule, Breslau.) An das Ausstel-
lungsgelände schließt sich die Versuchssiedi-
lung, von zehn ortssässigen Werkbundarchitek-
ten errichtet. Sie ist — am Rande des Scheitniger
Parks, in glücklicher Gesamtplanung — locker in
Gartenanlagen hineingestellt, so daß sich ein land-
schaftlich hübsches Bild ergibt. Die Anlage wird
von einem Turmhaus Radings und einem boar-

ding-house Scharouns flankiert. Jenes versuchtden
Gemeinschaftsgedanken im Wohnen für Deutsch-
land zu propagieren: ein rechteckiger Grundriß
in jedem Stockwerk achtmal variiert, immer so,
daß von einem Mittelwohnraum Koch- und Schlaf-
nischen (zum Teil ohne eigenes Fenster!) abge-
trennt sind, und am Ende der breiten Flure grö-
ßere Gemeinschaftsräume. Es bleibt abzuwarten,
ob sich in Deutschland Mieter für diesen Wohn-
typ finden werden. Einen ebenfalls neuen Wohn-
haustyp vertritt das Laubenhaus der Architekten
Heim und Kempter, welche je sechs Kleinwohnun-
gen eines Stockwerks von einem Altan aus zugäng-
lich machen, wodurch Treppenhaus und Gesamt-
grundriß verkleinert und vereinfacht werden. Von
den Einzelhäusern fällt der auseinandergefaltete
Bau Heinrich Lauterbachs als durchdachteste Lei-
stung ins Auge. Moritz Hadda gibt seinem Hause
durch die Bestimmung für einen Gelehrten eine
persönliche Note. Mosharaers Grundriß ist elegant
entwickelt, wie die beiden genannten mit der Ten-
denz der starken Raumöffnung zur Landschaft.
Auf diese Tendenz haben Effenberger, Lange,
Häusler in ihren geschlosseneren Anlagen verzich-
tet — die allzu große Publizität des Lebens wird
auch nicht jedem behagen. Wolf, Direktor der
Kunstgewerbeschule, ist der einzige, der noch mit
Steildach gebaut hat, sein breit zum Licht gelager-
ter Wohnraum mit dem anschließenden Achteck-
Eßzimmer bezeugt ein feines Raumgefühl. In den
Einfanulien-Reihenhäusern waren die Architekten
an ein schmales Rechteck-Grundstück gebunden.
Auch hier zeigt sich Lauterbach als der begabteste,
als derjenige, der aus dem gegebenen Bezirk die
besten praktischen und künstlerischen Möglichkei-
ten herausgeholt hat.
Anläßlich der Ausstellung »Wohnung und Werk-
raum« hielt der W e r k b u n d seine 18. Jahres-
versammlung vom a4- bis 27. Juli hier in Bres-
lau ab. Die geistigen Zentren waren eine Rede Pro-
fessor Jäckhs über das Programm der Internatio-
nalen Werkbundausstellung »Die Neue Zeit«, Köln
1982, und ein Vortrag Professor Dr. Dessauers
von der Universität Frankfurt über das Thema
»Kunst, Kultur und Technik«. An die Tagung
schlossen sich Ausflüge der Teilnehmer nach Klo-
ster Leubus und in das oberschlesische Industrie-
gebiet (Gleiwitz, Hindenburg, Beuthen), wobei
u. a. die Donnersmarck- und Julienhütte, die
große, von guten schlesischen Kräften geführte
Baugewerkschule in Beuthen und andere neue öf-
fentliche Bauten sowie die wachsenden Siedlungen
(zum Teil Stahlskeletthäuser) besichtigt wurden.
H. Gr.
KÖLN
Das I n t e r n a t i 0 n a 1 e M u s e u m samt, das vom
Institut für geistige Zusammenarbeit am Völker-
bund ins Leben gerufen wurde, veranstaltet in
Köln im Rahmen der Sommerausstellungen :i 929
eine Ausstellung von Nachformungen plastischer

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