Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0579
DOI Heft:
Heft 19
DOI Artikel:Du Colombier, Pierre: Der Fall Courbet
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Gustave Courbet La Blonde endormie
Sammlung H. Matisse
Zeichnungen — schwarz auf weiß — sind korrekt, aber selten interessant. Für ihn
ist die reine Linie noch etwas Abstraktes. Wenn sie als Träger der Farbe erscheint,
wie z. B. in den Köpfen der Bauern auf dem Begräbnis in Omans, gewinnt sie plötz-
lich an charakteristischem Wert. Psychologisch bleiben seine Porträts gewöhnlich be-
deutungslos. Seine Modelle sieht er nur äußerlich als Vorwand der Malerei. Ebenso
seine Blumen. Wohl sind sie prachtvoll, aber zu oft von einem ermüdenden Prunk.
Ihnen fehlt Chardins dichterisches Sentiment.
Doch was heißt Intelligenz bei einem Maler? Von einer schönen Frau sagte ein Grand-
seigneur: »Sie ist intelligent .... wie eine Blume«. In diesem Sinne ist Cour bet in-
telligent wie ein Maler. Was gilt ihm »Geist« oder »Gefühl«? Das Äußere der Dinge
gibt seiner IJrnatur eine Erschütterung, die ebenso intensiv ist, wie sie andere ange-
sichts der tiefsten Durchdringung der Welt erleben. Nur muß er den Dingen ge-
wachsen sein. Nicht auf jede Landschaft reagiert er gleich stark. Das merkt man an
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